Jan Dreher ist der Autor des Blogs Psychiatrie to go, den ich seit Jahren aufmerksam verfolge. Sein Blog ist sowohl interessant wie lehrreich – und er weiss, worüber er schreibt: er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bis 2014 leitender Oberarzt am Alexandrier Krankenhaus in Köln, Ausbildungsleiter und Dozent am verhaltenstherapeutischen Ausbildungsinstitut kbav und ab nächstem Jahr Chefarzt im Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie in Krefeld.
Für iBook und kindle hat er 2013 schon eine praxisnahe Einführung in die Psychoharmaka veröffentlicht: Psychopharmakologie to go. Das wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Schattauer Verlag überarbeitet und weiterentwickelt.
Dies ist das aktuelle Buch: Psychopharmakotherapie griffbereit
Ich darf hier eine der ersten Rezensionen schreiben – und ich sage bewusst darf – denn, entgegen der Meinung einiger, die mich das Buch lesen gesehen haben und bemerkt haben „das ist aber schwere Lektüre“ … das ist es eigentlich nicht.
Nicht von der Grösse – ein Taschenbüchlein, das sogar in eine Kitteltasche passt- und auch nicht vom Inhalt.
Ja, es ist voll von Information über die Anwendung von Medikamenten – nicht nur was sie machen, sondern vor allem, wann man was einsetzt und wie. Das hört sich trocken wie Staub an, aber Jan Dreher schafft es diese Information auf eine Art herüber zu bringen, die nicht nur lehrreich ist, sondern auch flüssig zu lesen. Praxisbeispiele, Anwendungserfahrungen, Trivia sind so eingestreut, dass sie das Buch auflockern und einem manches besser im Gedächtnis bleibt. Gut, ich bin jemand, dem Geschichten viel besser im Gedächtnis bleiben als die reine Aufzählung von Fakten und Zahlen …. damit bin ich sicher nicht die einzige.
So habe ich jetzt auch gelernt, dass die Valproinsäure ursprünglich als Lösungsmittel eingesetzt wurde für anderer Wirkstoffe gegen Epilepsie … bis man dann irgendwann merkte, dass nicht diese „Wirkstoffe“ für die Wirkung verantwortlich waren, sondern das Mittel, in denen sie gelöst waren :-)
Aber zurück zum Buch: Es ist umfassend und genau in seinem Bereich. Im Buch werden Medikamente, psychoaktive Genussmittel (Nikotin, Alkohol, Coffein …) und Drogen (Cocain, Cannabis, Amphetamine …) beschrieben.
Die Medikamente sind nach den (Haupt-)Wirkungen psychiatrischer Medikamente aufgeteilt: antidepressiv, antipsychotisch, phasenprophylaktisch, angstlösend und beruhigend.
Es wird gezeigt, wie verschiedene psychiatrische Krankheitsbilder behandelt werden (Depressionen, Psychosen, Manien, ADHS, auch Angst- und Schlafstörungen …). Besonders schön zu sehen, wie der Autor anhand seiner (langjährigen) Erfahrungen erklärt, weshalb und wie man dabei vorgeht. Ich in der Apotheke sehe ja meist nur die andere Seite, also welche Medikamente die Leute bekommen, aber es ist doch sehr gut da dahinter zu sehen „weshalb“ das jetzt verordnet wird (und nicht etwas anderes).
… Wobei ich hier noch anmerken möchte, dass es manchem Psychiater (und auch Hausarzt, der psychiatrische Probleme mitbehandelt) hier gut tun würde, das Buch zu lesen.
Nicht ausgelassen werden auch Nebenwirkungen bei den einzelnen Medikamenten und dass man die Patienten als Arzt gut darauf vorbereiten sollte, was sie zu erwarten haben – das manches nicht sofort wirkt, dass sie sich melden sollen, wenn sie Gewichtszunahme haben, dass Bluttests gemacht werden müssen … und dass es gerade in der Psychiatrie nicht reicht, Medikamente zu geben. Häufig gehören da noch Verhaltenstherapien und weiteres dazu.
Das Buch ist verständlich geschrieben, kommt aber natürlich nicht ohne Fachwörter aus (immerhin ist das ein Fach- und Lehrbuch). Dafür hat es am Ende ein Glossar mit den gängigsten erwähnten Begriffen.
Für mich als Apothekerin bringt das Buch auch in der Praxis etwas, nicht nur als „professioneller Blick dahinter“, sondern weil ich anhand dem mehr Verständnis für die Patienten habe, die diese Mittel nehmen und sie dadurch auch besser in der richtigen Anwendung unterstützen kann – deshalb ist das Buch nicht nur für die beschriebene Zielgruppe „Psychiater, Psychotherapeuten, Hausärzte, Internisten, Krankenpflegepersonal, Betreuer, Angehörige und Patienten“ geeignet, sondern eben auch für Apotheker.
Ansonsten: Unbedingte Kaufempfehlung für die angegebene Zielgruppe!
(Auch wenn das Buch nicht ganz günstig ist – aber wer hat schon mal ein günstiges Lehrbuch gesehen?)