Wenn die Zahl stationärer Behandlungsfälle von 2007 bis 2012 um 1,4 Millionen von 17,2 auf 18,6 Millionen ansteigt, ist das kein Grund zur Aufregung. Die Bevölkerung altert in dieser Zeit um 6 Jahre mit erhöhter Anspruchshaltung und Machbarkeit, medizinisch-technisch-pharmakologischer Performance und Weiterentwicklung innovativer medizinisch-stationärer Interventionen.
Schon im Ansatz schwächelt das Gutachten der Gesundheitsökonomen Prof. Schreyögg/HH und Prof. Busse/B: http://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/krankenhaeuser/budgetverhandlungen/mengensteuerung/Gutachten_zur_Mengenentwicklung.pdf
Wenn die Zahl der stationären Behandlungsfälle von 2007 bis 2012, also in 6 Berechnungsjahren, um 1,4 Millionen von 17,2 auf 18,6 Millionen angestiegen ist, bietet das zunächst gar kein Grund zur Aufregung. Die Bevölkerung alterte in dieser Zeit auch um 6 Jahre mit Zunahme von Morbidität, Komorbidität und Multimorbidität bzw. erhöhter Anspruchshaltung und Machbarkeit, medizinisch-technisch-pharmakologischer Performance und Weiterentwicklung innovativer medizinisch-stationärer Interventionen. Pro Jahr ist das ein Anstieg um durchschnittlich 233.333 Behandlungsfälle und entspricht einem außerordentlich moderaten Zuwachs von jährlich 1,36 Prozent von der Ausgangsbasis in Deutschland.
Da es sich aber hier weder um einen SOWI-Leistungskurs, noch um ein Anfängerseminar in Sachen Krankenhaus-Ökonomie handelt, sondern um ein zum Zeitpunkt des ersten Bekanntwerdens noch "unveröffentlichtes Gutachten", welches der Hamburger Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg und sein Berliner Kollegen Reinhard Busse im Auftrag des GKV-Spitzenverbands Bund (SpiBu) und der Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erstellt hatten, ist die mediale Erst-Platzierung interessant. DER SPIEGELwurde mit der ebenso exklusiven wie tendenziösen Vorab-Veröffentlichung online betraut:
"Spiegel Online" in einem Beitrag am Sonntag 6.7.2014 http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/kliniken-richten-behandlungsmethoden-laut-studie-nach-profit-aus-a-979485.html Auch in der aktuellen Montags-Print-Ausgabe vom 7.7.2014 zitierte DER SPIEGEL genüsslich spekulierend aus dem Gutachten und lud zu Diskussionen ein: http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=131066&p=16082731#post16082731
Bei der Berichterstattung in den Medien wurde mehr als deutlich, dass aus den "mageren" Krankenhaus-ökonomischen Kenndaten keinesfalls die Schlussfolgerungen gezogen werden können, wie sie in DER SPIEGEL frei von jeglicher wissenschaftlicher Evidenz, aber höchst spektakulär konfabuliert wurden: Ob der Fallzahlanstieg medizinisch indiziert ist, bleibt nämlich vollkommen offen.
Warum aber in diesem Zusammenhang Freiherr Johann-Magnus von Stackelberg als stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes derart einseitig und tendenziös zitiert wird, o h n e dass die Positionen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) auch nur ansatzweise dargestellt werden, bleibt ein ungelöstes multmediales Geheimnis.
Einen kausalen Zusammenhang haben die Autoren des Gutachtens nur zwischen der Veränderung der DRG-Gewichte, also dem Wert einer erbrachten Krankenhausleistung, und der Veränderung der Fallzahlen gefunden: Erhöht sich das DRG-Gewicht um einen Prozent, steigen die Fallzahlen im Krankenhaus durchschnittlich um 0,2 Prozent pro Jahr an. Sinkt das DRG-Gewicht um einen Prozent, nimmt die Zahl der stationären Fälle um 0,2 Prozent ab. „Die bisherigen Analysen erlauben jedoch keine Aussage darüber, ob und für welche Fälle die durch die Veränderung der DRG-Gewichte induzierte Veränderung der Fallzahlen medizinisch indiziert war oder nicht“, resümieren die Autoren.
Bildquelle (Außenseite): Dylan Mazelis, flickr / CC-by