Der Hefepilz Candida auris wurde 2009 erstmals nachgewiesen. Inzwischen hat er sich ausgebreitet: Zwischen 2013 und 2017 wurden europaweit 620 Fälle gemeldet. In den Medien ist nun die Rede vom „gefährlichen Killerpilz“, der sich rasant ausbreitet. Wie ist die Faktenlage?
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit haben Forscher Candida auris 2009 erstmals in Japan beschrieben. Gegenüber dem „Spiegel“ sagt Michael Mansour, Experte für Infektionskrankheiten am Massachusetts General Hospital, es sei unklar, woher der Pilz komme und was seine Entstehung gefördert habe. Mansour hat schon selbst Patienten mit C.-auris-Infektion behandelt. Jetzt warnt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vor steigenden Fallzahlen, wobei es regional große Unterschiede gibt.
Zwischen 2013 und 2017 wurden 620 Fälle in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum gemeldet. Ein Großteil trat in Spanien (388 Berichte) und in Großbritannien (221) auf. In diesen Ländern kommt es relativ betrachtet zu steigenden Trends. Einzelfälle kamen in Deutschland (7), Frankreich (2), Belgien (1) oder Norwegen (1) vor. Ob es tatsächlich zur rasanten Ausbreitung in Europa kommt, lässt sich derzeit nicht objektiv beurteilen. Nosokomiale Keime wie MRSA bleiben in absoluten Zahlen gemessen ein weitaus relevanteres Problem. Hier liegt die Größenordnung für Deutschland bei rund 3.000 Fällen pro Jahr. Experten rechnen für Candida auris jedoch mit einer hohen Dunkelziffer, weil sich dieser Pilz nur schwer von anderen Candida-Arten unterscheiden lässt.
C. auris führt bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen oder mit supprimiertem Immunsystem zu schweren Infektionen. Dazu gehören Patienten mit HIV-Infektion, mit Tumoren, mit chronischen Nierenerkrankungen oder mit Diabetes mellitus. Katheter unterschiedlicher Arten können zum Problem werden, da über sie Keime in den Körper gelangen – auch C. auris. In dem Zusammenhang weisen ECDC-Experten auf einige Besonderheiten hin. C. auris überlebt wochenlang auf Oberflächen. Quartäre Ammoniumverbindungen sind als Desinfektionsittel möglicherweise nicht geeignet. Präparate mit Hefepilze abtötendem (levurozidem) Wirkspektrum kommen infrage. Außerdem berichten Labormediziner von Resistenzen gegen Fluconazol, einem häufigen Antimykotikum. Vereinzelt fanden sie auch Isolate mit Multiresistenz.
Dominique Monnet, Leiter des Programms gegen antimikrobielle Resistenzen und Krankheiten beim ECDC, sieht aktuell keine akute Bedrohung: „Es ist aber notwendig, Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen zu sensibilisieren, dass sie ihre Labortests anpassen und rechtzeitig bessere Kontrollmaßnahmen zu ergreifen, um weitere Krankenhausausbrüche zu verhindern.“ Damit spielt er vor allem auf einen Fall aus Großbritannien an. Aufgrund von C. auris mussten Ärzte die Intensivstation eines Londoner Klinikums schließen. „Das Auftreten neuer Ausbrüche ist zu erwarten“ , ergänzt Monnet. Er fordert Referenzlabors in allen Mitgliedsstaaten, um besser darauf vorbereitet zu sein.
Was bedeutet das für die Praxis? Im Epidemiologischen Bulletin rät das Robert Koch-Institut (RKI) Ärzten, C.-auris-Infektionen vorrangig mit Echinocandinen zu behandeln. Der überwiegende Teil aller bekannten Isolate sei sensibel gegenüber den Wirkstoffen, heißt es weiter. Gegebenenfalls sei eine Resistenztestung erforderlich. Fälle sollten frühzeitig korrekt identifiziert und zentral erfasst werden.