Eine Studie unter dem Titel "Contamination of Stethoscopes and Physicians' Hands After a Physical Examination" in den Mayo Clinic Proceedings (2014; 89(3):277-280) will nicht mehr und nicht weniger belegen, als dass der Kontaminationsgrad des Stethoskops nach der klinischen Untersuchung eines Patienten substanziell vergleichbar ist mit der Kontamination von Teilen der führenden Hand beim Arzt.
Seltsam, sind es nicht die Ärzte/-innen s e l b s t, die ihr eigenes Stethoskop anfassen, um es manuell den Patientenkörpern zu nähern? In einem Editorial meldete sich umgehend Dennis G. Maki, MD, Infektiologe an der "University of Wisconsin in Madison"(WI/USA) mit dem Titel "Stethoscopes and Health Care-Associated Infection" dramatisierend zu Wort.
Doch würde ein professionell agierender Mediziner sein frisch gereinigtes Stethoskop in infizierte Wunden hineinhängen, um es danach bei weiteren Patienten über deren Körperöffnungen infektiös auspendeln zu lassen? Eine intakte Hautbarriere des Brustkorbs wäre doch stabil gegenüber aggressiven Keimattacken, die eher nur theoretisch von angreifenden, kontaminierten Stethoskopen ausgeführt werden könnten? Potenziell kontaminierte Stethoskope sollten nicht unnötig angefasst und nach Hautekzem- und Wundkontakt gereinigt bzw. mit alkoholfreiem Octenisept® desinfiziert werden. Keinen Alkohol nehmen! Der greift die Membranen und Kunststoff- bzw. Gummiringe an.
Aber gibt es nicht weit wichtigere Hygieneprobleme? Verschmutzte, selten gewechselte, ungewaschene oder nicht desinfizierbare Arztkittel bzw. die nicht abwaschbare Krawatte, die zu größten infektiologischen Bedenken Anlass geben können?
www.sueddeutsche.de/leben/arztkittel-vor-dem-aus-dreckschleudern-in-weiss-1.890152
www.stern.de/gesundheit/gesundheitsnews/hygiene-gefaehrliche-schlipse-556433.html
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/krankenhaus-hygiene-schlips-am-aerztehals-kann-toedlich-sein-a-402255.html
Auch wenn sich kürzlich eine schottische Infektiologin wieder f ü r das Krawattentragen ausgesprochen hat: "Put your ties back on: scruffy doctors damage our reputation and indicate a decline in hygiene" BMJ 2013;346:f3211, könnten dann die angelsächsischen NHS-Baumängel-, Leistungs-, Wartezeiten- und Hygienekrisen sich nicht bis zu einem Krawattenkrieg ausweiten?
Auch PC-Tastaturen, Tablets, Smartphones und Touchscreens sind für Praxis- und Klinik- Hygiene-Beauftragte bzw. Infektiologen ein "gefundenes Fressen". Vgl. www.springermedizin.de/so-wird-die-tastatur-nicht-zur-keimschleuder/4938140.html
"Der Tod lauert nicht in der Tastatur, sagt eine Infektionsexpertin. Trotzdem solle das PC-Zubehör im Hygieneplan von Klinik und Praxis seinen Platz haben. Denn Computer-Tastaturen hätten ständigen Kontakt mit Händen.
Ist es da nicht mehr weit zu obligatorischen täglichen Rachenabstrichen, Blutkulturen, Abklatschproben der Hände bzw. Fragebögen, um potenziell infektiöse Lebensgewohnheiten, moralisch-ethisch einwandfreien Lebenswandel und psychische Verhaltensauffälligkeiten beim gesamten medizinischen Personal zu detektieren? Verwaltungs- und Administrations-Bereiche selbstverständlich ausgenommen.
Aber was ist eigentlich mit den Besuchern? Krankenhäuser, Reha-Kliniken, Arztpraxen und medizinische Versorgungszentren werden von Heerscharen keimtragender Besucherinnen und Besucher bzw. Patienten heimgesucht, die oft nicht mal elementare Hygiene-Regeln beherzigen ("nach dem Klo und vor dem Essen - Händewaschen nicht vergessen"). Ungeduscht und ungewaschen bzw. n i c h t auf gewaschene oder ungewaschene Kleidung, kurz geschnittene Finger- bzw. Fußnägel untersucht, bevölkern sie die Klinikflure, die Cafeteria, das "Büdchen" am Klinikeingang und die Anmeldetresen der Praxen, um dann in die Kernzonen nosokomialer Infektionsrisiken vorzudringen: In die Krankenzimmer zu ihren kranken Angehörigen, in die Räume der Stationsmitarbeiter, in die Funktionsbereiche und Nasszellen auf der Suche nach Blumenvasen und in die Besuchertoiletten bzw. in die Behandlungszimmer der Haus- und Fachärzte.
Gewöhnlich gut informierte Patienten- und Besucherkreise werden erst n a c h Abschluss ihres Arzt- oder Klinikbesuches sich umfänglich mit kostenlos zur Verfügung gestellten Desinfektionsmitteln allseits bestäuben und imprägnieren. Weil sie die viel beschworene Gefahr ahnen, erst i n n e r h a l b der Klinik- und Praxismauern gefährliche Keime zu erwerben. Sie würden sich vermutlich n i e m a l s fragen, ob sie nicht s e l b s t durch Hundekot und Straßendreck unter ihren Schuhsohlen, eigene Hygienemängel oder überlang gestylte Fingernägel, die beim Händewaschen ja nur abblättern würden, zur Problematik nosokomialer Krankenhaus- und Praxisinfektionen beitragen?
Quelle:"Contamination of Stethoscopes and Physicians' Hands After a Physical Examination" in den Mayo Clinic Proceedings 2014; 89(3):277-280 http://www.mayoclinicproceedings.org/article/S0025-6196(13)01084-7/abstract strong>
(Bildnachweis: © Praxis Dr. Schätzler „Stethoskop-Dialog“)
© Außenseitenbild: Pete, flickr / CC-by