Vergangene Woche hat DocCheck Medizinstudenten gefragt, ob das Studium ihre Psyche belaste. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Mehrheit empfindet es so. Was genau sie frustriert, schilderten viele von ihnen in zahlreichen Kommentaren. Einige davon könnt ihr hier lesen.
Anfang Dezember erschien eine Studie, die zeigte, dass erschreckend viele Medizinstudenten Depressionen und Suizidgedanken haben. Wir wollten es genauer wissen und fragten Medizinstudenten: Schlägt das Medizinstudium auf die Psyche? Über 500 Medizinstudenten haben an unserer Umfrage teilgenommen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer gab an, dass sie das Medizinstudium als belastend empfinde. 41 % haben gelegentlich das Gefühl und nur 7 % verneinten. Die Medizinstudenten haben aber nicht nur abgestimmt, sondern auch zahlreich kommentiert. Hier sind einige Statements, die uns erreicht haben: #1 Ich muss nebenbei 20 h die Woche arbeiten, keine Zeit zum Lernen, keine Lust. Mein Leben hat noch andere Facetten. In den Ferien wird dann famuliert und auch viel gearbeitet. Geld oder Zeit für Urlaub bleibt trotzdem kaum. Und dann sind noch die Prüfungen die ich ja geschoben habe, weil ich zum ersten Termin nicht den Stress haben wollte, alle auf einmal zu schreiben. # 3 Nein! Die Depressionen bestanden vorm Studium, jedoch habe ich das Studium entschleunigt und studiere langsamer – meine Psyche wird es mir später danken. # 5 Wenn man sich anhand seiner Leistungen identifiziert und sein Sozialleben für dieses Studium aufgibt, ja. Wenn man locker ans Lernen geht und sich Freizeit gönnt, nein. # 6 Man wird zum einen durch die fast wahnsinnigen Prüfungsregularien, zum anderen durch die schiere Zahl der Prüfungen dauerhaft unter Druck gesetzt. Die Menge an zu lernendem Stoff ist in einer Menge unüberschaubar, die weder organisatorisch noch von der Zeit bewältigbar ist. # 7 Die Gedanken an zukünftige, unzumutbare Arbeitsumstände lassen einen nicht unberührt. Da fragt man sich öfters mal, ob sich das Ganze lohnt. # 8 Stupides Auswendiglernen von einer Unmenge an Wissen ohne wirklich zu wissen, warum man das ganze lernt, kann einen nicht glücklich machen. Viel früher müsste man auch im Medizinstudium Schwerpunkte legen dürfen, natürlich mit der Konsequenz, dass man diese Fachrichtungen später nicht wählen darf, da man nur einen oberflächlichen Einblick in sie erhält. #10 Wenn man längere Zeit aus der Schule raus ist, hat man nahezu keine Zeit, den Stoff aufzuarbeiten, geschweige denn zu beherrschen. Man steht unter permanentem Stress. Zwar hat man nicht das Gefühl, sich messen zu müssen, aber ein kurzes Abschalten ist kaum möglich. Aussagen von Professoren, „Student zweiter Wahl“ zu sein, sind da nicht so motivierend ... # 11 Das Studium führt einen permanent an die eigenen Belastungsgrenzen und darüber hinaus. Einerseits durch die schiere Menge des zu Erlernenden und der Klausuren, die es unmöglich macht, in der Kürze der Zeit alles wirklich zu beherrschen. Andererseits durch das Gefühl der Frustration, das sich nach einer gewissen Zeit in dieser Mühle einstellt, weil man immer das eigene Scheitern vor Augen geführt bekommt: das Scheitern am Anspruch, alles zu wissen und alles zu können. [...] # 12 Besonders für die Vorbereitung zum Physikum gehen viele Studenten an nervliche Grenzen. #13 Mir fällt es häufig schwer, einfach mal abzuschalten und mir Pausen und Freizeit zu gönnen. Es ist nicht leicht, ein gutes Gleichgewicht zwischen Partner, Lernen fürs Studium und auch mal Freunde treffen zu finden. Letztendlich funktioniert man die ganze Zeit wie eine Maschine und stopft alles Wissen in sich hinein. Das wirklich Leben (neben dem Studium) kommt bei mir jedenfalls definitiv zu kurz bzw. ist quasi inexistent ... Studiere aber auch in Belgien und da bestehen die Klausuren zu 2/3 aus offenen Fragen [...] # 14 Man vergisst das wahre Leben zu leben, denn man hält das Studium für das wahre Leben. Man macht sich Vorwürfe und kriegt ein schlechtes Gewissen, wenn man sich bspw. einen Ruhetag gönnt, Filme anschaut etc. # 15 Man ist häufig Frustration und Überforderung ausgesetzt. #17 Es scheint, als würde absichtlich ein eigentlich total unnötiger Druck aufgebaut. Will man damit so viele Leute wie möglich loswerden? Das Medizinstudium in Deutschland muss reformiert werden und zwar nach dem Vorbild der Majo-Clinic in den USA. Außerdem, wie kann es sein, dass sich manche auf deutschem Boden ein Medizinstudium kaufen können (s. Nürnberg PMU) und die anderen das viel schwierigere „richtige“ Medizinstudium machen müssen? Was bedeutet das Studium letztlich? [...] # 18 Vor allem während sehr stressigen Semestern. Man muss einen Ausgleich zum Studium finden, sonst kann einen der Stress und die evtl. nicht bestandenen Klausuren ziemlich runterziehen. # 19 Es ist doch eher ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Bei mir sind es vor allem finanzielle Sorgen und die Doppelbelastung Arbeiten + Studieren. Außerdem fehlt oft die Kraft, das soziale Leben zufriedenstellend aufrecht zu erhalten. Auf allen Ebenen wird von einem Höchstleistung gefordert, dass macht ein ausgeglichenes Leben schwierig. # 22 Die Inhalte des Medizinstudiums sind ganz überwiegend äußerst interessant und spannend. Aber der Prüfungsdruck ist enorm. # 23 Ich persönlich finde, dass es bei uns an der Uni eigentlich so gut wie keinen Konkurrenzkampf gibt, sondern dass man eher versucht, gemeinsam die Anforderungen zu bestehen. Deutlich belastender finde ich den Druck durch die ständigen Prüfungen, den straffen Zeitplan und die wenige freie Zeit, da die Semester-„Ferien“ mit Ferienkursen und Famulaturen fast komplett ausgefüllt sind. Wenn man dann noch studienbegleitend eine (experimentelle) Doktorarbeit verfassen möchte oder arbeiten muss, hat man kaum noch Freizeit. [...] #24 Nicht nur das Studium – der Arbeitsalltag ist noch schlimmer. # 25 Es kommt sehr auf den Studienabschnitt, wahrscheinlich auch den Studienort und ganz besonders auf die sozialen Ressourcen (Freunde etc.). # 26 Psychischer Druck und Nervenkrieg ist schon gut angesagt. Man sollte auf alle Fälle sehr belastbar und stabil sein. # 27 Vor allem das Studium mit Kindern macht nicht nur finanziell arm, sondern auch arm an sozialen Kontakten, da man vor lauter Lernen kaum noch freie Zeit hat. # 28 Besonders arrogante Dozenten und Ärzte sorgen für Demotivation. # 29 Ja, es zerstört Lebenswege, wenn das Dekanat so drauf ist wie in Frankfurt. Sieben über Sieben. Und mit Intelligenz ist das Studium auch nicht wirklich vereinbar. # 30 Ja, es schlägt auf die Psyche durch den Stress, den man durch das viele Lernen manchmal hat. Das führt aber nicht unweigerlich zu Depressionen und Suizidgedanken ;)) # 31 Es macht einen auch abhängig von Ritalin & Co. # 32 Luxusproblem # 33 Ein Medizinstudium in Frankfurt ist absolut gefährlich! Die Uni / das Dekanat arbeitet absolut gegen die Studenten. Schlechte absichtlich mit Fehlern behaftete Vorlesungsfolien (damit die Studenten die Vorlesungen besuchen müssen), unglaubliche Mengen an Stoff (i.d.R. Arbeitstäglich zwei Kurse, mit jeweils 30-60 Power Point Folien mit Detailwissen) sind die Regel. Ein Schnitzellauf von morgens bis abends. [...] # 34 Ich kann nur für meine Uni in Frankfurt sprechen. Dort sind die Zustände katastrophal. Es herrscht Willkür statt Recht und Gesetz (oder gar statt Transparenz und gleicher Regeln für alle). Die einen werden exmatrikuliert, weil sie beispielsweise Physik in der Wiederholung nicht bestanden haben. Andere nutzen ihre Kontakte ins Dekanat und bekommen die gigantischsten Sonder-Regelungen zugebilligt, die mit gesundem Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbar sind. [...] # 35 Der Druck ist enorm. # 36 Der Druck ist in München gerade im ersten Semester extrem hoch. Viele Prüfungen in kurzen Abständen mit sehr hohem Stoffumfang. # 37 Anforderungen sind stellenweise enorm (vor allem in Kombination mit einer Promotion). Das bringt einen zeitweise an seine Belastungsgrenze. Und einige macht das kaputt. # 38 Vor allem in der Vorklinik war man vielen Schikanen und Mobbing durch Profs ausgesetzt. # 39 Nur wenn man nicht damit umgehen kann, dass nicht immer alles überfreundlich und vorsichtig gesagt wird. Medizin ist auch mal emotional. # 40 Aus Erschöpfung wird irgendwann Verzweiflung und schließlich eine behandlungsbedürftige Depression. War bei mir so. # 41 Ja – einerseits deprimierend aufgrund des hohen Lernpensums, der Praktika etc. Aber andererseits kann es auch beflügelnd sein, wenn man dieses große Ziel des Studiums, v. a. der Staatsexamina, erreicht hat. Dieses Erfolgserlebnis kann außerdem den Zusammenhalt der Studenten extrem stärken, da sie gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen mussten. # 42 Es würde mich mal interessieren, wie viele während des Frankfurter Medizin-Studiums verstorben sind, oder exmatrikuliert wurden (das scheint dort viele zu betreffen). Offenbar bekommt die Uni pro Studenten ein halbes Arbeitnehmer Jahresgehalt und versucht, so viele wie möglich im ersten Halbjahr wieder los zu werden, denke mal nicht, dass Restbeträge zurückbezahlt werden. Aus meiner Sicht möchte ich jedem empfehlen, ohne die Uni Medizin zu studieren, man wird nur ruiniert, der Lernstoff ist chaotisch [...]. # 44 Besonders bei Leuten, die schon eine Disposition oder Vorgeschichte für depressive Episoden haben. Es hängt aber sicher noch von anderen Faktoren ab. Ich kenne eine Kommilitonin, die nach einem Suizidversuch in psychiatrischer Behandlung war, und unzählige, die seit dem Studium mit Reizmagen und/oder -darm zu kämpfen haben. # 45 Wenn man die Kosten für das Studium bedenkt, kann man schon psychisch krank werden. Monatlich 600 Euro fürs Wohnen / Essen 30 Euro Internet / Telefonie (zwingend bei diesem Studium nötig) 60 Euro Studiengebühren 180 Euro Krankenkasse (bei über 30-Jährigen) 30 Euro Bücher, Ausdrucke usw ... # 46 Offenbar geht es bei der Uni in Frankfurt auch darum, die Studenten psychisch krank zu machen! Der Stoff ist nicht zu schaffen, unklar was von den immensen Mengen genau gelernt werden muss, widere Umstände, ständige Falschberatung und Schikane durch die Uni. Auf gesundheitliche Probleme, private Umstände oder sonstige Katastrophen wird keine Rücksicht genommen. Wie viele haben sehr viele Jahre dort studiert und wurden dann mit Schaden rausgeworfen. Diese Uni hat schon einige zerstört, die niemand zählt.