Meldung vom 01.04.2016 aus der FAZ: Die große Koalition hat sich das Ziel gesetzt, die steigenden Verbraucherkosten im Dienstleistungssektor zu dämpfen und das Handwerksreformgesetz beschlossen. Mit Inkrafttreten soll für jeden handwerklichen Betrieb von der zuständigen Handwerkskammer ein individuelles Firmenbudget festgelegt werden.
Berlin. Wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gestern auf der Bundespressekonferenz mitteilte, ist die Bundesregierung über die explodierenden Kosten auf dem Dienstleistungssektor besorgt. Die hohen Handwerkerrechnungen hätten dazu geführt, dass sich viele Verbraucher professionelle handwerkliche Hilfe nicht mehr leisten könnten, sondern sich als Heimwerker betätigten oder zunehmend auf Schwarzarbeit zurückgriffen. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Schaden und die dem Staat entgangenen Steuereinnahmen gingen in Milliardenhöhe. Darin eingerechnet seien noch nicht die Folgeschäden, die durch unfachmännisch ausgeführte Leistungen wie zum Beispiel nicht korrekt verlegte elektrische Leitungen entstünden, von denen auch eine potentielle Gefahr für die Umgebung ausgehe. Daher habe die Bundesregierung beschlossen, das Handwerksreformgesetz in den Bundestag einzubringen. Es soll zukünftig die Kostenentwicklung auf dem Dienstleistungsmarkt gesetzlich regeln.
Die Kernpunkte des Gesetzes sind die Schaffung einer handwerklichen Gebührenordnung und eines Betriebsbudgets. Diese Gebührenordnung wird die leistungsbezogenen Kosten, die in Rechnung gestellt werden können verbindlich regeln und von den Handelskammern in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsmisisterium in einer noch zu schaffenden Kommission fachgruppenspezifisch erstellt werden. Zusätzlich werden die Einnahmen jeden Betriebes durch ein individuelles Firmenbudget pro Quartal gedeckelt. Hat eine Handwerksfirma in einem bestimmten Quartal ihr Budget eingenommen, kann sie alle weiteren Leistungen nicht mehr in Rechnung stellen.
Um die Verbraucher vor unnötig langen Wartenzeiten auf Handwerkertermine zu schützen, sollen die Betriebe gesetzlich verpflichtet werden, jederzeit Aufträge anzunehmen und auszuführen. Daher wird die maximale Dauer von Betriebsferien auf maximal zwei Wochen pro Jahr begrenzt werden. So könne verhindert werden, dass sich ein Betrieb durch Schließung aus finanziellen Gründen seinen Verpflichtugen entziehe.
Da müssten die halt 'mal umsonst arbeiten, so Gabriel wörtlich.
Die Wirtschaftsverbände [...]
Klingt absurd? Eine solche Regelung ist den vorwiegend kleinen und mittelständigen Handwerksbetrieben nicht zuzumuten? Nun, von niedergelassenen Vertragsärzten wird dies bei gesetzlich krankenversicherten Patienten erwartet. Alle beschweren sich über lange Wartezeiten auf Termine für Kassenpatienten, aber kaum einer hinterfragt die Gründe. Wenn das Praxisbudget am Ende eines Abrechnungsquartals aufgebraucht ist und die Frage ist, ob ich einen Patienten kurzfristig für umme oder im nächsten Quartal für Bezahlung behandle, ist die Antwort allein schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen klar. Die Behandlung eines Privatpatienten kann hingegen immer abgerechnet werden, also bekommt dieser gegebenenfalls auch einen früheren Termin. Schuld ist nicht der Arzt, sondern das System. Oder würden Sie von ihrem Automechaniker erwarten, dass er ohne Bezahlung arbeitet?
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