Warum schon falsche Ergebnisse in Lehrbüchern gelandet sind. Oder: Evidenzbasierter Absturz, Teil 4
In einem Kommentar zu dritten Teil meines kleinen Statistik-Exkurses wurde die Frage gestellt, warum es für die Qualität publizierter Studienergebnisse bedeutsam sein kann, ob es sich um eine (geplante/ungeplante) Zwischenauswertung oder um die Endergebnisse handelt. Ich möchte dies am einem einfachen Beispiel erläutern.
Ein Wettrennen gewinnt, wer als Erster die Ziellinie überquert, und nicht, wer in der Mitte des Rennens vorne liegt.
Im Zusammenhang mit den 2009 zeitgleich, an prominenter Stelle im renomierten New England Journal of Medicine veröffentlichten PSA-Screeningstudien der Amerikanischen PLCO und Eurpäischen ERSPC wurde bereits erwähnt, dass wissenschaftliche Studien über das Prostatakarzinom aufgrund der besonderen Tumorbiologie dieser Krebserkrankung eine besonders lange Laufzeit von mindestens zehn Jahren benötigen, um valide Aussagen über Endpunkte wie das tumorspezifische Überleben treffen zu können. So sieht die derzeit laufende PREFERE-Studie zur Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinom bei einer geplanten Gesamtlaufzeit von siebzehn Jahren ein Follow-up der in den ersten vier Jahren zu rekrutierenden 7.600 Patienten von dreizehn Jahren vor (Kosten: 25 Millionen Euro), um am Ende sagen zu können, ob eine der Therapieoptionen (radikale Prostatektomie, externe Strahlentherapie, LDR-Brachytherapie und Active Surveillance) überlegen ist.
Das Zwischenergebnis einer Studie könnte nämlich so aussehen:
Es zeigt sich ein hochsignifikanter Unterschied zwischen der Standardtherapie und der getesteten neuen Behandlung, welche überlegen erscheint: p<0,005. Ein solches Ergebnis wurde nicht nur schon publiziert, sondern hat im Einzelfall sogar den Weg in medizinische Lehrbücher gefunden. Und was dort steht, muss ja stimmen, oder?
Um mit Radio Eriwan zu sprechen, im Prinzip ja. Aber leider etwas vorschnell, denn das endgültige Ergebnis am Ende der Studie sah etwas anders aus:Skepsis ist also geboten.
Titelbild: © Guenter Hamich / PIXELIO