Der Umgang mit Patienten, die der Deutschen Sprache nicht oder nur sehr eingeschränkt mächtig sind, kann die ärztliche Tätigkeit deutlich erschweren. Auch aus juristischen Überlegungen ist das Hinzuziehen eines Dolmetschers im Zweifelsfall ratsam.
Mein Arbeitgeber hat kürzlich von vorgedruckten Aufklärungs- und Einverständniserklärungs-Formularen auf im Intranet der Klinik abrufbare Formblätter umgestellt, da dies allein bei durchschnittlich 9.000 operativen Eingriffen pro Jahr (mit jeweils mehreren Aufklärungsbögen pro Patient für OP, Narkose, gegebenenfalls Bluttransfusion, ZVK usw.) sowie zusätzlichen invasiven Maßnahmen ohne Anästhesie (wie Endsoskopie, ESWL u.v.m.) kostengünstiger ist und auf diesem Weg auch Bögen über seltenere Operationen sofort verfügbar sind. Leider sind diese nur auf Deutsch und Englisch, aber nicht in gängigen Fremdsprachen wie Russisch oder Türkisch verfügbar, obwohl wir regelmäßig Patienten mit diesen Muttersprachen haben und diese theoretisch vom gewählten Anbieter in bis zu 16 Sprachen verfügbar sind. Wahrscheinlich wurden hier einmal mehr am falschen Ende Lizenzgebüren gespart.
Formaljuristisch ist die Sachlage so, dass ein Arzt die Behandlung sogar ablehnen muss, wenn er sich mit dem Patienten nicht ausreichend verständigen kann und es sich nicht um einen dringlichen Eingriff handelt, da er verpflichtet ist, ihn umfassend über den geplanten Eingriff, Therapiealternativen, Erfolgsaussichten und Risiken aufzuklären. Dies ist nur möglich, wenn Arzt und Patient dieselbe Sprache sprechen oder ein Übersetzer verfügbar ist. Sollte der Eindruch entstehen, dass der Patient die Aufklärung trotzdem nicht versteht, sollte ein elektiver Eingriff nicht durchgeführt werden.
Es muss jedoch laut gültigen Gerichtsurteilen kein professioneller Dolmetscher sein. Manche Patienten werden von Angehörigen oder anderen Personen begleitet, die übersetzen können. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel an unserer Klinik eine Liste von Mitarbeitern, die jeweils bestimmte (Fremd-)Sprachen beherrschen. Beides ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Arzt, der im Rahmen der Aufklärungspflicht dafür verantwortlich ist, dass der Patient sein Ausführungen versteht, glaubhaft versichern kann, dass Missverständnisse ausgeräumt werden konnten. Wird ein vereidigter Dolmetscher hinzugezogen, so trägt der anfordernde Arzt oder das Krankenhaus hierfür nicht automatisch die Kosten, da es diesbezüglich bisher keine allgemeingültige gesetzliche Regelung gibt. Sicherer ist es jedoch, mit dem betroffenen Patienten eine Verenbarung zu treffen, dass dieser die Kosten übernimmt. Scheitert eine solche Übereinkunft an Verständigungsproblemen, sollte im Zweifelsfall die Behandlung abgelehnt werden.
Obwohl schriftliche Informationen das persönliche Aufklärungsgespräch auch aus rechtlicher Sicht nicht ersetzen, ist ein entsprechendes Formular in der Muttersprache des Patienten trotzdem sehr hilfreich, um Verständigungsproblemen vorzubeugen. Dies ist auch im Hinblick auf das geltende Patientenrechtegesetz wünschenswert, da eine Kopie der unterzeichneten Unterlagen ausgehändigt werden muss. Sinnvoll erscheint auch, den hinzugezogenen Übersetzer auf dem Aufklärungsbogen namentlich zu dokumentieren und unterschreiben zu lassen.
Daher der Appell nicht am falschen Ende zu sparen!