Das synthetische Cannabinoid AMB-FUBINACA versetzte in Brooklyn etliche Konsumenten in tranceähnliche Zustände. Die Phase-1-Studie wider Willen zeigt Details zur Wirkung. Von Legal Highs kann seit November keine Rede mehr sein – das Gesetz für psychoaktive Stoffe wurde verschärft.
12. Juli 2016, ein Nachmittag im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Mehrere Männer liegen auf dem Gehweg oder lehnen an Bäumen. Sie sprechen unverständliche Sätze, versuchen aufzustehen, torkeln. Was an Szenen aus „The Walking Dead“ erinnert, ereignete sich tatsächlich. Rettungskräfte sammelten mehr als 30 Patienten ein und brachten sie in umliegende Notaufnahmen. Alle Betroffenen überlebten. Ihre Symptome deuteten auf Drogen hin, wobei kein bekanntes Molekül den Effekt erklären konnte. Jetzt fand Axel J. Adams vom Clinical Toxicology and Environmental Biomonitoring Laboratory und der School of Medicine, University of California, des Rätsels Lösung.
Späteren Befragungen zufolge hatten alle Betroffenen „AK-47 24 Karat Gold“ geraucht. Die Matrix pflanzlichen Ursprungs enthielt das synthetische Cannabinoid AMB-FUBINACA (oder FUB-AMB bzw. MMB-FUBINACA). Hier handelt es sich um einen potenten Agonisten am Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1). In-vitro-Untersuchungen zufolge ist die Affinität 85 Mal höher als bei Tetrahydrocannabinol (THC). Ursprünglich stammt die Substanz aus Forschungslabors. Chemiker synthetisierten sie, um das Endocannabinoid-System zu erforschen. AMB-FUBINACA wurde 2009 von Pfizer entwickelt und später patentiert. Über entsprechende Unterlagen gelangte die Strukturformel in alle Welt. Derartige „Legal Highs“ eroberten kurz darauf den Drogenmarkt.
Axel J. Adams gelang es kurz nach der „Zombie-Epidemie“, AMB-FUBINACA selbst oder Metabolite der Substanz bei allen 33 Patienten nachzuweisen. Ihm lagen Blut- oder Urinproben vor. Darüber hinaus lieferten Patientenakten einige aus pharmakologischer Sicht interessante Fakten. AMB-FUBINACA dämpft das Zentralnervensystem, was nicht überrascht. Bei der „klinischen Phase-1-Studie“ in den Straßen von New York kam es aber nicht zu Arrhythmien, Hyperthermien, Tachykardien oder zu Krämpfen, wie dies von anderen Derivaten bekannt ist. Schäden am Herzen oder an den Nieren wurden ebenfalls nicht beobachtet. Trotz dieser erfreulichen Nachrichten warnen deutsche Behörden vor dem Konsum und drohen Händlern mit strafrechtlichen Konsequenzen.
Das hat folgenden Hintergrund: Mit dem altbekannten Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gelang es nicht, gegen neue Designerdrogen vorzugehen. „Legal Highs“ fallen laut Einschätzung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs nämlich nicht unter den Arzneimittelbegriff (Az. C-358/13 u. C-181/14). Deshalb hat die Bundesregierung am 21. November 2016 ihr Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) erlassen. Das NpSG verbietet, mit einem neuen psychoaktiven Stoff Handel zu treiben, ihn in den Verkehr zu bringen, ihn herzustellen, ihn zu verlagern, ihn zu erwerben, ihn zu besitzen oder ihn einem anderen zu verabreichen (§ 3 Abs. 1 NpSG). Zu den Stoffgruppen gehören neben Cannabinoidmimetika und synthetischen Cannabinoiden auch Derivate des 2-Phenylethylamins.