Seit dem Ebola-Ausbruch 2013 in Westafrika hat sich wissenschaftlich viel getan. Aktuell testet man den neuen Impfstoff rVSV-ZEBOV. Eine weitere Erkenntnis erschwert den Kampf gegen die Krankheit: Nach sexuellem Kontakt ist die Inkubationszeit deutlich länger als gedacht.
Aktuellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge starben im Zeitraum von Ende 2013 bis März 2016 rund 11.300 Menschen an Ebola. Politiker kritisierten, pharmazeutische Hersteller hätten kaum zur Therapie oder Prävention geforscht. Tatsache ist, dass es nach 1976/77 weitere punktuelle Ausbrüche in den Jahren 1979, 1994, 1996, 2000, 2001, 2002, 2003, 2007 und 2008 gab. Die Weltöffentlichkeit nahm davon keine große Notiz. Mittlerweile sieht die Sachlage deutlich besser aus.
Ana Maria Henao-Restrepo, Forscherin bei der WHO, hat jetzt Ergebnisse zum Impfstoff rVSV-ZEBOV veröffentlicht. Basis ist ein Ebola-Hüllprotein, das gentechnisch in Vesicular Stomatitis Viren (VSV) eingebaut wurde. Aus der Not heraus fand eine klinische Studie bereits nach Abschluss von Tierexperimenten statt. Für „Ebola ça Suffit“ wurden 5.837 Personen rekrutiert. Es handelte sich um Kontaktpersonen von Ebolapatienten sowie um deren Kontakte. Um die Effektivität zu beurteilen, wurde nur ein Teil der Teilnehmer randomisiert sofort geimpft, die anderen erhielten den Impfstoff erst mit einer Verzögerung von zehn Tagen. In der ersten Gruppe kam es zu keiner einzigen Erkrankung, in der zweiten Gruppe traten 16 Ebola-Fälle auf. Trotz erheblicher methodischer Zweifel spricht Henao-Restrepo von einer „100-prozentigen Effektivität“ ihres Impfstoffs. Bei der Feldstudie gab es 80 schwere Komplikationen. Nur zwei ließen sich ohne Zweifel auf die Vakzine zurückführen, nämlich eine Anaphylaxie und einen Patienten mit Fieber. Experten erwarten, dass rVSV-ZEBOV bald für den Einsatz bei Epidemien, aber nicht für die allgemeine Prophylaxe zugelassen wird. Der Zweck heiligt eben die Mittel. Ob er angesichts großer Mutationstendenzen des Ebola-Virus in Zukunft Menschen schützen wird, muss sich zeigen.
Doch zurück in die betroffenen Länder. „Ärzte ohne Grenzen“ berichtet jetzt, zweieinhalb Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit in Westafrika letzte Hilfsprojekte zu schließen. Neben der medizinischen Versorgung stand auch psychologische Betreuung im Fokus. Überlebende hatten nicht nur mit Spätfolgen wie Gelenkschmerzen, chronischer Müdigkeit oder Seh- und Hörproblemen zu kämpfen. Hinzu kamen Stigmatisierung und Ablehnung in ihrer Umgebung. Um dagegen anzukämpfen, schickten Hilfsorganisationen Teams in die Dörfer. Ansonsten setzen Ärzte auf die Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen und auf den Ausbau von Frühwarnsystemen, sollte es erneut zu Ebola-Ausbrüchen kommen.
Dass es in diesem Zusammenhang noch viel Forschungsbedarf gibt, zeigt ein Fallbericht von Boubacar Diallo. Der WHO-Mitarbeiter berichtet von einem Mann aus Guinea. Sein Patient hatte die Infektion glücklich überlebt. Nach 42 Tagen, das entspricht der doppelten Inkubationszeit, wurde sein Heimatland für infektionsfrei erklärt. Plötzlich erkrankten weitere zehn Menschen, von denen acht starben. Genomanalysen brachten Forscher schließlich auf die richtige Spur. Der Indexpatient hatte mit Diallos früherem Patienten sexuellen Kontakt. Das bedeutet, Ebolaviren überleben im Hoden 470 oder mehr Tage. Wissenschaftler stellen deshalb übliche Quarantänezeiten infrage.