Dr. Gad Saad und Dr. Eric Stenstrom von der John Molson School of Business in Montreal wollten im Journal of Consumer Psychology 2012; 22: 102-113
das Kauf- und Konsumverhalten von 59 Studentinnen über einen Zeitraum von 35 Tagen analysieren. In Beziehung zum weiblichen Zyklus sollte eine „Mikroökonomie des Menstruationszyklus“ herauskommen. Man erwartete, dass Frauen an ihren fruchtbaren Tagen besonders attraktiv sein wollen, nach hübscher Kleidung schauen, auf ihre Linie achten und Parfüme testen. In der unfruchtbaren Phase wäre die Suche nach einem geeigneten Partner für die Fortpflanzung vergeblich und frustran, was sich in verstärktem Nahrungsmittelkonsum zeigen müsse.
Studentinnen ohne hormonelle Kontrazeption bekamen je 30 Dollar für 35 Tage Beobachtungsdauer. Als Gegenleistung mussten sie dokumentieren, wie viel Geld sie wofür ausgaben, Zyklusdaten angeben und Fragen zu Hungergefühl und Essverhalten beantworten. Fruchtbar galten die Tage 14 bis 21, weniger fruchtbar (luteal) die neun Tage vor Beginn der nächsten Menstruation. An ihren fruchtbaren Tagen kauften die Frauen im Schnitt für 7,20 Dollar Kleidung, an den lutealen Tagen waren es nur 4,60 Dollar. An fertilen Tagen gaben sie etwas weniger Geld für Essen aus als an den weniger fruchtbaren Tagen (7,10 gegenüber 8,80 Dollar). Das Hungergefühl war um den Eisprung am niedrigsten, zu Beginn der lutealen Phase am höchsten. Die Forscher sahen ihre Hypothese bestätigt, nach der sich der Monatszyklus auf das Ess- und Konsumverhalten von Frauen auswirke.
Doch die Mikroökonomie des Menstruationszyklus schlug fehl, Frauen auf Konsumwesen zwischen Hunger und Wunsch nach Attraktivität zu reduzieren. Es gab methodische Unzulänglichkeiten im Studiendesign: Während der (nicht-fertilen) Lutealphase waren nahrungsabhängige Wünsche, Geldausgaben und Essverhalten größer – „As predicted, food-related desires, dollars spent, and eating behaviors were greater during the luteal (non-fertile) phase“. Während der fertilen Phase vergrößerten sich das Verlangen nach gutem Aussehen, Geldausgaben und ‚Verschönerungsverhalten‘ – „appearance-related desires, dollars spent, and beautification behaviors increased during the fertile phase“. Doch Geldausgaben, die n i c h t mit den o. g. Bedürfnissen zu tun hatten, waren u n a b h ä n g i g vom Menstruationszyklus – „Dollars spent on products unrelated to food or beautification were not significantly influenced by the menstrual cycle“. Die nächste Einschränkung: Die mittlere Differenz sei nur für Nahrungsmittel, n i c h t für Kleidung signifikant – „The mean difference was significant for food but not for clothing“. Die dazu gehörige Abbildung („Fig.1“) belegt allerdings ausgerechnet ein h ö h e r e s Signifikanzniveau bei der mittleren Differenz für Kleidung! Ein Trick, um die gewünschten und vorhergesagten Ergebnisse zu belegen: Die fertile Phase im weiblichen Zyklus wurde einfach verlängert und die infertile verkürzt: Die weibliche Eizelle ist bei der Ovulation etwa 12 Std. befruchtungsfähig (männliche Spermien bis 72 Std.). Die danach folgende, biologisch äußerst stabile Lutealphase ist n i c h t neun Tage, wie behauptet, sondern mit Eintreten der Ovulation 14 Tage lang. Und wenn die Tage 14 bis 21 vor Beginn der nächsten Menstruation als fruchtbar gelten sollten, müssten die Berechnungen von Knaus-Ogino seit 1929 falsch sein. Abgesehen davon induziert die unter FSH und Östradiol stattfindende Follikelreifung den LH-Peak mit der etwa 24 Stunden danach eintretenden Ovulation die eigentliche Fertilität mit möglicher Konzeption bei der Frau.
Nein, die Erklärung der Studienergebnisse ist eher banal. Die jungen Frauen als Versuchspersonen bekamen 30 Dollar täglich über 35 Tage Testlaufzeit. Am Anfang kauften sie eher Klamotten und Beauty-Artikel. Aber dann kamen die Vernunft und ein allmählich sich leerender Kühlschrank. Mit dem aufkommenden Hunger haben sie dann einfach mehr Nahrungsmittel eingekauft. "Menstruelles Money-Marketing" bleibt ein Trugbild: Dass Frauen zyklusabhängig ein normierbares Konsumverhalten zeigen könnten. Vielleicht abgesehen vom „Schrei vor Glück“ beim Schuhe kaufen?