In Deutschland würden zu viele Diagnosen auf psychische Erkrankungen gestellt, kritisierte der Psychotherapeut Professor Wolfgang Schneider. Mit Skepsis würde er die seit den 1990er Jahren steigenden Zahlen von Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen sehen. „Die Diagnose einer psychischen Erkrankung wird zu schnell und zu häufig gestellt“, sagte der Direktor der Rostocker Uniklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin der Nachrichtenagentur dpa.
Als bleibende Notiz auf meinem Schreibtisch steht „Schuld abladen verboten“! Es ist sozusagen anti-psychiatrisch, anti- psychotherapeutisch u n d anti-pädagogisch, ausgerechnet der "Ärzteschaft' eine "Mitschuld" geben zu wollen. Um rechtsfehlerfrei Krankschreibungen mit zutreffenden Leit-, Arbeits- und Verdachtsdiagnosen ärztlich zu begründen, m ü s s e n relevante psychische Erkrankungen aus der ICD 10-GM, F-Gruppe, vermerkt werden, weil z. B. "burn-out" keine Krankheitsentität ist. Dem Skeptiker, Psychosomatiker und Psychotherapeuten Professor Wolfgang Schneider ins Stammbuch: Gerade seit den 1990er Jahren verbalisieren insbesondere männliche Patienten ihre psychischen Probleme. In der 1980ern wäre das noch undenkbar und deplatziert gewesen. Psychosomatisch und psychotherapeutisch orientierte Haus- und Fachärzte, Universitäts-, Akut- und Rehakliniken diagnostizieren zunehmend psychopathologisierendes Arbeitsleben, gestörtes "Coping", seelisch subtilere soziale Wahrnehmung, Kommunikationsdefizite und verringerte seelische Belastbarkeit. Aber das ist von Schuldvorwürfen, wenn sie nicht Folge einer "Gegenübertragung" beim Therapeuten sind, meilenweit entfernt. Es ist eher zu begrüßen, dass offener, ehrlicher und direkter über seelische Störungen, Probleme und Einschränkungen in den Arztpraxen und in der Gesellschaft gesprochen wird.