„Kopflos in die Kopfpauschale“
Der jüngste Gesundheitsminister aller Zeiten, Dr. med. Philipp Rösler, mit dem Facharzt für Augenheilkunde nicht ganz fertig und schnell Wirtschaftsminister in Niedersachsen geworden, legt sich mächtig ins Zeug. Er will nach jahrzehntelanger „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen, Budgetierung von Leistungen, Diskussion um Bürgerversicherung, Regelleistungsvolumina, Rabattierung, Kostendämpfungsgesetzen, Facharztüberschuss, Hausärztemodellen, Versorgungsproblemen auf dem Land und Ärztehöchstdichte in den Metropolen mal eben der verblüfften Öffentlichkeit das Ei des Kolumbus präsentieren: Die Kopfpauschale!
Das bedeutet: Ob arm, ob reich, jeder zahlt den gleichen Beitrag für das Gesundheitswesen.
Die Arbeitgeber zahlen auch einen Fixbeitrag dazu, der nicht mehr erhöht werden darf.
Wer alt, gebrechlich und prekär ist, dem zahlt der Staat die Prämie als Almosen aus Steuergeldern. Das klingt wie ein Programm einer Freidemokratischen Einheitspartei mit egalitärem Anspruch, ist es aber nicht.
Denn bei der gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Rentenversicherung (RV) handelt es sich als Institutionen der Sozial-(versicherungs)-kassen nicht um Versicherungen im eigentlichen Sinn, sondern betriebs- und volkswirtschaftlich um Umlagekassen.Damit entfällt die bei Versicherungen typische Risikovorsorge für eher seltene Schadenereignisse und die breite Streuung von Policen, ohne dass jemals eine Ereignisregulierung in Anspruch genommen würde. Umlagekassen können kein versicherungsmathematisches Risiko vorausberechnen und einplanen. Welche Finanzplanung sollte eine AOK leisten, wenn sie einen Arbeitnehmer versichern soll, der Ehefrau und 3 Kinder kostenfrei mitversichert einbringt?
Wer von einem Monatseinkommen von 1000 Euro 250 Euro Kopfpauschale, also 25 Prozent bezahlen soll, wird doch willkürlich und verfassungsrechtlich unzulässig belastet, im Vergleich zu 5000 Euro/Monat mit 250 Euro Kopfpauschale und dem absurd niedrigen Anteil von 5 Prozentpunkten.
Dr. med. Wolfgang Böhmer, früher Chefarzt einer Frauenklinik und jetzt CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, berichtete in einem Interview kritisch über seine Erfahrungen mit einem chronisch unterfinanzierten Pauschalensystem in der ehemaligen DDR. Auch Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU Bundestagsfraktion, betonte die Notwendigkeit der Solidarität und Subsidiarität im Gesundheitswesen.
Doch was macht FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler? Er schreitet von der Progression der solidarisch finanzierten gesetzlichen Krankenkassenbeiträge zur Regression in eine Kopfpauschale, bei der der Leistungsfähige seinen Beitrag nicht mehr leistet und der Bedürftige nicht mehr teilhaben darf. Wachen Sie endlich auf, Herr Kollege Rösler, machen Sie keine Klientel- und Lobbypolitik mit auswendig gelernter FDP-Programmatik, sondern werden Sie endlich Facharzt für Gesundheitspolitik!