Die radikale Tumornephrektomie gilt vielerorts (zumindest außerhalb der Urologie) immer noch als Standard in der operativen Therapie des Nierenzellkarzinoms. Eine Tumorenukleation oder Nierenteilresektion wurde früher nur bei imperativer Indikation empfohlen, also bei drohender terminaler Niereninsuffizienz, z.B. aufgrund einer Einzelniere.
Die onologischen Ergebnisse dieser Patienten waren jedoch in der Nachsorge so gut – die Rezidivraten unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Nephrektomie –, dass man in den letzten Jahren zunehmend dazu überging, den organerhalt auch bei allen kleinen Tumoren (bis 4 cm Durchmesser) anzustreben. Inzwischen hat dieses Vorgehen bei elektiven Eingriffen sogar den Weg in die aktuellen Leitlinien der europäischen Fachgesellschaft EAU gefunden.
Es mehren sich jedoch die Publikationen, dass ein Organerhalt auch bei größeren, lokal begrenzten Tumoren bis und sogar über 7 cm Durchmesser durchführbar ist, ohne die tumorspezifischen Überlebensraten und Lokalrezidivraten zu kompromitieren. Auch die Komplikationsraten sind nicht wesentlich höher als bei der Tumornephrektomie. Vorteil ist vor allem der erhalt der Nierenfunktion und damit eine geringere postoperative Morbidität.
Letztlich scheint es daher vertretbar, eine Nierenteilresektion immer dann anzustreben, wenn sie technisch machbar ist. Natürlich muss der Patient bei der Aufklärung darüber informiert werden, dass ein Organerhalt in keinem Fall garantiert werden kann, da sich immer Situationen ergeben können, die eine Nephrektomie unumgänglich machen.
Nachtrag:
In einem in der aktuellen Ausgabe der European Urology veröffentlichten Editorial geht der Autor sogar soweit, dass er die radikale Tumornephrektomie als Kunstfehler ansieht, sofern ein Organerhalt technisch möglich und sicher gewesen wäre. (Stief CG. If a Partial Nephrectomy Could Be Done Safely for a Renal Tumor, Would Radical Nephrectomy Be Considered Malpractice? Eur Urol 60 (2011): 463-67)
Titelbild: © Hartmut910 / PIXELIO