Da sitzt ein gesunder Siebzehnjähriger vor einem und ist der festen Überzeugung, dass sein Penis zu klein ist, seine Freunde und Mitschüler dies klar erkennen können und ihn deswegen auslachen, was dazu geführt hat, dass er den Sportuntericht schwänzt und auch sonst aus Scham in der Freizeit das Haus kaum noch verlässt, so dass die Eltern völlig verzweifelt sind. Die Frage, die nun an mich, den Urologen, herangetragen wird, ist, ob man den Penis nicht irgendwie (operativ oder medikamentös) vergrößern könne, obwohl ihm bereits mehrere Ärzte versichert hätten, dass bei ihm alles in Ordnung sei.
Die körperliche Untersuchung zeigt erwartungsgemäß einen normal entwickelten jungen Mann, der zwar kein übergroßes Glied à la John Holmes, aber einen durchschnittlich langen Penis und auch sonst ein regelrecht ausgebildetes äußeres Genitale hat. Also bestätige ich nochmals die Aussage der anderen Kollegen, weise auf die großen individuellen Unterschiede hin, zitiere wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema und gehe im weiteren Gespräch soweit, zu sagen, dass er mit seinem Teil bedenkenlos in die Sauna gehen könne, ohne dort angestarrt zu werden.
Nichtsdestotrotz beharrt der Patient darauf, dass sein Penis zu klein sei und alle seine Freunde einen größerem hätten, dass könne er sogar durch deren Hosen erkennen. Und seit diese bemerkt hätten, dass seiner viel kleiner sei, würden sie ständig abfälltige Anspielungen darauf machen.
Auch im weiteren Gespräch ist er nicht vom Gegenteil zu überzeugen.Natürlich kursieren (nicht zuletzt im Internet) obskure Methoden zur Penisvergrößerung, aber die meisten sind schlichtweg unwirksame Geschäftemacherei. Von einer Operation rate ich jedoch dringend ab, da die Indikation nicht gegeben ist und es meines Wissens keine wirklich empfehlenswerte Methode gibt, die zu einer objektiven Vergrößerung bei vertretbarer Komplikationsrate gibt. Nicht zuletzt führen viele Techniken nicht selten zu einer Potenzverschlechterung. Eine psychologische Behandlung lehnt der Patient hingegen ab.
Dieser aktuelle Fall ist durchaus exemplarisch, wobei viele (insbesondere jugendliche) Männer scheinbar eine völlig irrealistische Vorstellung davon haben, was normal ist. Vermutlich werden da Vorbilder aus der Pornoindustrie (siehe oben: John Holmes) als Maßstab herangezogen und sich auf die mündliche Aussage der Altersgenossen ("Meiner ist 20 cm lang!") verlassen. Eine im Auftrag der Kondomindurstrie bei Deutschen Männern durchgeführte, wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2001 kam hingegen zu folgendem Resultat: Der durchschnittliche Deutsche Penis ist im eregierten Zustand 14 cm lang und hat einen Durchmesser von 3,7 cm.
Männer, seht der Wahrheit ins Auge!
Titelbild: © Klaus Rupp / PIXELIO