Patienten mit ossär metastasiertem Prostatakarzinom gehören für einen onkologisch tätigen Urologen zum Tagesgeschäft. Schließlich ist das Prostatakarzinom in Europa und den USA der häufigste maligne Tumor des Mannes und metastasiert am häufigsten von allen Krebserkrankungen in den Knochen: Metastasen im Bereich des Skeletts finden sich bei bis zu 75% der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und bei 85% derjenigen, die letztlich an einem Prostatakarzinom versterben, so dass durch Metastasen, aber auch durch eine sekundäre Osteoporose nach antiandrogener Therapie bedingte Knochenkomplikationen häufig sind.
Der Einsatz von Medikamenten aus der Wirkstoffgruppe der Bisphosphonaten ist daher weit verbreitet, da diese Substanzen den Knochenabbau hemmen und einen günstigen Einfluss auf Knochenschmerzen und eine Ausbreitung von Knochenmetastasen haben sollen.
Allerdings empfiehlt es sich, vor Einleitung der Behandlung eine Nutzen-Risiko-Abwägung zu treffen, da Nebenwirkungen gar nicht so selten sind.
Am häufigsten tritt sicherlich eine Akut-Phase-Reaktion auf, über die man den Patienten informieren und der man gegebenenfalls durch Gabe eines NSAID entgegenwirken sollte, um einen Therapieabbruch zu vermeiden. Und da Bisphosphonate über die Niere ausgeschieden werden und potentiell zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führen können, sollte unter der Behandlung der Patient ausreichend trinken oder infundiert werden und bei einer bekannten Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung erfolgen.
Eine dagegen sehr seltene unerwünschte Wirkung (Inzidenz: ca. 1-10%) ist die asvaskuläre Kiefernekrose, welche sehr schwerwiegend und nur aufwendig zu therapieren ist. Da Vorschäden an Zähnen und/oder Zahnfleisch einen Risikofaktor darstellen, sind die Aufklärung des Patienten über eine sorgfältige Mundhygiene sowie die Klärung des Zahnstatus sowie gegebenenfalls eine entsprechende Sanierung vor Einleitung der Bisphosphonat-Therapie unerlässlich, wobei der Zahnarzt über die geplante Behandlung informiert werden sollte. Ich fürchte, dass gerade diese einfachen Vorsichtsmaßnahmen zu häufig misachtet werden.
Falls ein Patient unter der Bisphosphonat-Therapie über Mundgeruch, neu aufgetretene Druckstellen im Bereich seines Zahnersatzes oder gar scharfe Knochenkanten in der Mundhöhle klagt, sollte dies ein Alarmsignal sein, die Behandlung -- zumindest bis zur weiteren Abklärung -- abzubrechen. Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist in der Regel eine konsequente Abtragung des befallenen Knochens und ein entsprechenden Weichteilmanagement zur spannungsfreien Deckung des Defekts erforderlich.
Für den Urologen ist es unerlässlich, das Krankheitsbild der bisphosphonat-assoziierten Kiefernekrose zu kennen und vor allen daran zu denken.
Literatur:
Urologe 2009 (48): 990-996