In der Vorstellung vieler Patienten sind aus der Natur gewonnene bzw. pflanzliche Arzneimittel praktisch gleichgesetzt mit schonenden, nebenwirkungsfreien, insgesamt harmlosen Medikamenten, welche man bedenkenlos einnehmen kann, während chemisch synthetisch hergestellte Wirkstoffe für gefährliche Nebenwirkungen stehen. Jeder Arzt kennt Patienten, die bei einem neu verordneten Medikament als erstes gründlich den Beipackzettel studieren und es dann aufgrund der dort beschriebenen unerwünschten Ereignisse nicht oder zumindest nicht in der empfohlenen Dosierung einnehmen. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch weggeworfene Arzneien entsteht, dürfte beachtlich sein.
Keine Frage, einige hoch wirksame und potente Wirkstoffe stammen letztlich aus der Natur. Aber dazu zählen beispielsweise auch Digitalispräparate, eine Reihe Antibiotika und sogar viele Zytostatika. Allesamt Medikamente, welche alles andere als harmlos gelten können oder nebenwirkungsarm sind. Eine Reihe der stärksten bekannten Gifte kommen im Tier- und Pflanzenreich vor, man denke nur an Schlangen- oder Pilzgifte. Die Natur ist also alles andere als freundlich.
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung! Oder um Paracelsus zu zitieren: Die Dosis macht das Gift.
Von einem Präparat, das keine Nebenwirkungen hat, darf man auch kein Wirkung erwarten, die über einen Placeboeffekt hinaus geht.
Interessanterweise treten jedoch bei placebokontrollierten Doppelblindstudien Nebenwirkungen nicht nur in der Verumgruppe auf, teilweise mit gleicher Häufigkeit. Wer also auf ein unerwünschtes Ereignis wartet und sich daher besonders kritisch beobachtet, wird häufig auch etwas Entsprechendes erleben.
Es geht hier nicht um den unkritischen Umgang mit Medikamenten. Aber die Frage, ob und wann Naturheilverfahren oder klassische Schulmedizin zum Einsatz kommen, sollte sachlich und auf den Boden von Envidence Based Medicine geklärt werden.
Titelbild: © Walter Eberl / PIXELIO