Es gibt medizinische Folgezustände, die alles andere überlagern!
Hierzu zählen -- zugegeben: aus subjektiv urologischer Sicht -- nicht zuletzt Katheter im Harntrakt, also transurethrale oder suprapubische Harnblasenkatheter, Nephrostomie-Katheter und/oder Doppel-J-Schienen. Ein Patient, der mit solch einem Katheter, aus welchem Grund auch immer, versorgt ist, trägt das unmissverständliche Stigma der Urologie. Sollte er sich mir irgendwelchen, insbesondere unspezifischen Beschwerden bei einem Arzt einer anderen Fachrichtung vorstellen, so finden in dessen Kopf eine sofortige Verknüpfung statt: Aha, das hängt mit dem Katheter zusammen, also schicke ich ihn/sie in die Urologie. Das gilt sogar dann, wenn dieser (scheinbare) Zusammenhang alles andere als naheliegend ist.
Ein typisches, wenn auch extremes Beispiel aus der eigenen klinischen Erfahrung: Ein 49jähriger Patient wurde zwei Wochen zuvor wegen eines Harnleitersteines linksseitig mit einer Doppel-J-Harnleiterschiene versorgt. Nun ruft er den Notarzt, weil er über akute linksthorakale Schmerzen begleitender Luftnot klagt. Der Notarzt schließt messerscharf: Das kommt von der Schiene und liefert den Patienten in die Urologie ein. Welche Diagnose stellt sich überraschend heraus? Akuter Vorderwandinfarkt!
Auch Patienten mit allen möglichen Karzinomen im Endstadium und infauster Prognose (Ovarialkarzinomen, Zervixkarzinomen oder Ösophaguskarzinomen) werden gerne in der Urologie geparkt, falls sie wegen eines postrenalen Nierenversagens mit einer Harnableitung versorgt wurden, weil der Tumor eine Harnstauung verursacht hatte. Selbst dann noch, wenn sie später Beschwerden haben, die mit der renalen Problematik gar nichts zu tun haben. Aber sie haben ja eine Harnleiterschiene oder Nephrostomie.
Einmal urologisch, immer urologisch eben.
Titelbild: © Dannybrown23 / Flickr