Protonenpumpeninhibitoren gehören zu den am häufigsten verordneten Pharmaka – vielleicht zu oft? Säureblocker erhöhen das Risiko bakterieller Infektionen im Darm signifikant, berichten Forscher. Der Mehrwert einer Einnahme ist im Verhältnis dazu eher gering.
Säureblocker werden zu schnell und zu oft verschrieben heißt es aktuell in den Medien. In Deutschland schluckten 13,4 Millionen Menschen Protonenpumpenhemmer (PPI), Stand 2015. Zu diesem Ergebnis kommt der „Spiegel“ auf Basis von Barmer-Abrechnungsdaten. Zwischen 2006 und 2015 habe sich die Zahl der verordneten Tagesdosen mehr als verdreifacht, heißt es weiter. Hinzu kommen OTCs, die in Kassenstatistiken nicht einmal auftauchen. Es geht aber nicht nur um bekannte Effekte wie einen Vitamin-B12-Mangel, Frakturen oder Nahrungsmittelallergien. Dass Magensäure Bakterien im Verdauungstrakt abtötet, ist nicht neu. Jetzt liefern Forscher Beweise für den Umkehrschluss: Protonenpumpenhemmer vergrößern das Risiko einer bakteriellen Infektion.
Li Wei und Thomas M. MacDonald von der London School of Pharmacy haben in elektronischen Krankenakten 188.323 Patienten identifiziert, die PPI oder H₂-Rezeptor-Antagonisten einnahmen. Hinzu kamen 376,646 Kontrollen. Bei der Auswertung zeigte sich, dass bei Patienten der Pharmakotherapie-Gruppe bakterielle Infektionen rund drei Mal häufiger auftraten. Das betraf Durchfallerreger wie Clostridium difficile, Campylobacter, Salmonella, Shigella oder Escherichia coli O157. Bei C. difficile und Campylobacter waren die Zusammenhänge signifikant. Fast zeitgleich untersuchte Anne Kvistholm Jensen vom Statens Serum Institut, Kopenhagen, ob Zusammenhänge mit einer Listeriose bestehen. In einer Kohorte identifizierte sie 721 Patienten mit Infektion und 34.800 Kontrollen. Unter PPI verdreifachte sich das Infektionsrisiko, berichtet Jensen. Ihre Resultate waren für diese Wirkstoffe statistisch signifikant. Bei H₂-Blockern gab es jedoch keine Signifikanz.
Dem gegenüber steht ein verhältnismäßig geringer Mehrwert, schreibt Shoshana J. Herzig aus Boston, Massachusetts. Er fand bei 75.723 Patienten ohne PPI 203 gastrointestinale Blutungen, was schon für ein seltenes Ereignis spricht. Höhere Risiken hatten Männer generell sowie ältere Patienten über 60. Auch bei Patienten mit akutem Nierenversagen, mit einer Sepsis oder – wenig erstaunlich – mit gerinnungshemmender Medikation war die Gefahr größer. Der Ansatz ist auf den ersten Blick erfolgversprechender als die Verschreibung per Gießkanne.