Einige Hersteller von Praxissoftware nutzen die verpflichtende Einführung des Medikationsplans, um richtig gut zu verdienen. Jetzt überlegt die KBV, kostenlose Module selbst bereitzustellen. Beide Seiten liefern sich einen Schlagabtausch.
Hermann Gröhe (CDU) verpflichtete Heilberufler im Rahmen des E-Health-Gesetzes, Patienten mit drei oder mehr Medikamenten in Dauertherapie Medikationspläne anzubieten. Mitte 2016 präsentierten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Bundesärztekammer (BÄK) eine Vereinbarung zum bundeseinheitlichen Medikationsplan. Im Papier ging es auch um technische Spezifikationen. Während einige EDV-Anbieter notwendige Anpassungen ihrer Software kostenlos umsetzen, nutzten andere laut KBV-Angaben die Chance, um richtig gut zu verdienen.
„Es kann nicht sein, dass so manches Unternehmen auf der Seite der Praxissoftwarehersteller viel Geld von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen verlangt, die notwendigen Änderungen in die Praxis-Verwaltungs-Systeme einzupflegen“, kritisiert Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Immerhin handele es sich hierbei um einen gesetzlichen Auftrag, dessen Erfüllung nicht der „Umsatzmaximierung einiger Anbieter“ dienen dürfe. „Ich appelliere an die Hersteller, ihre Preispolitik im Falle des Medikationsplans zu überdenken“, so Gassen weiter. Eine eigene Software darf die KBV nicht entwickeln. Trotzdem überlegt der KBV-Chef, ob es möglich wäre, kostenlose Module selbst bereitzustellen. „Dafür brauchen wir aber die Unterstützung der Politik, die die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen müsste.“
Ekkehard Mittelstaedt, Geschäftsführer des Bundesverbands Gesundheit-IT (bvitg) lässt diese Kritik nicht auf sich sitzen. Er verweist auf hohe Investitionen von bvitg-Mitgliedsunternehmen, um im Vorfeld gemeinsame Standards zu entwickeln. „Der Aufwand für die initiale Erstellung, die Pflege und die erforderliche Weiterentwicklung durch die Softwarehersteller für das zusätzliche Modul ist erheblich“, ergänzt Mittelstaedt. Seiner Einschätzung nach handele es sich um eine Investition, die Ärzte aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen tätigen müssten. „Dabei obliegt es nicht der KBV darüber zu urteilen, wie die Unternehmen für die Umsetzung der neuen Vorgaben die Ausgaben für angefallene, notwendige Investitionen wiedereinnehmen.“
Mittelstaedt bezeichnet es als „unverständlich“, dass „die Ärzteschaft zu Recht eine angemessene, zu den Pauschalen zusätzliche Vergütung für die Arbeit der Erstellung und Pflege des Bundesmedikationsplans fordert, zugleich aber den Softwareherstellern ebendiese Vergütung mit dem Verweis auf bestehende Pauschalverträge verwehrt“. Kostenlose Software-Module sind für ihn keine adäquate Antwort. Vielmehr sollte sich die KBV darauf besinnen, „bei der Refinanzierung gesetzlich geforderter Investitionen angemessene Vergütungen zu verhandeln“. Wie so oft hat der Gesetzgeber jetzt das letzte Wort.