Gestern hat der Bundestag Cannabis auf Rezept freigegeben. Schwer erkrankte Patienten erhalten Cannabis-Präparate ab März als Kassenleistung. Der Eigenanbau bleibt aber weiterhin verboten. Die Regierung plant eine „Cannabisagentur“ am BfArM zu gründen.
Seit Jahren fordern Apotheker, Medizinalhanf gezielt zur Pharmakotherapie einzusetzen. Jetzt hat der Bundestag einstimmig ein entsprechendes Gesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verabschiedet. Demnach können Patienten künftig Cannabisarzneimittel auf Rezept in der Apotheke erhalten. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung. Die Entscheidung betrifft aber nach wie vor nur eine kleine Gruppe Schwerkranker: Um Cannabis auf Rezept zu erhalten, müssen die Betroffenen verschiedene Voraussetzungen erfüllen. So ist das Mittel nur für Menschen mit einer schweren, chronischen Erkrankung vorgesehen, bei denen zum Teil andere Therapien versagen.
Im nächsten Schritt ist geplant, das V. Sozialgesetzbuch zu ändern, um die Erstattungsfähigkeit auszuweiten. GKVen müssen nicht nur Kosten für Fertigpräparate, sondern auch für getrocknete Cannabisblüten übernehmen – unter folgender Bedingung: Das Bundesgesundheitsministerium verpflichtet Ärzte, Daten zur Diagnose, Therapie, zur Dosis und zu Nebenwirkungen anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu übertragen. Forscher hoffen auf bessere Informationen zum langfristigen Gebrauch entsprechender Medikamente. „In ärztlicher Hand ist Cannabis eine weitere Therapieoption. Wir freuen uns, dass unsere langjährige Forderung aufgegriffen wurde und medizinisch notwendiges Cannabis wie andere Arzneimittel behandelt wird“, sagt Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer. „In Zukunft können Patienten Rezepturarzneimittel aus Cannabis in kontrollierter pharmazeutischer Qualität aus der Apotheke bekommen. Die Krankenkassen können diese Medikamente nach vorheriger Genehmigung auch erstatten.“
Um kein Pflanzenmaterial aus dubiosen Quellen anzukaufen, hat sich die Bundesregierung entschlossen, eine spezielle „Cannabisagentur“ am BfArM zu gründen. Deren Aufgabe wird sein, den Bedarf abzuschätzen, den Anbau anzukurbeln und die Verteilung von Pflanzenmaterial zu koordinieren. Bis der staatlich geregelte Anbau beginnt, bleiben nur Importe.
Dass sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nach anfänglicher Skepsis zu einem derart umfangreichen Regelwerk durchgerungen hat, kommt nicht von ungefähr. Im April 2016 forderte das Bundesverwaltungsgericht vom BfArM, einem MS-Patienten die Möglichkeit zu geben, Medizinalhanf selbst anzubauen (BVerwG 3 C 10.14). Nach Paragraph 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) kann das BfArM eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis ausnahmsweise erteilen. Behördenvertreter waren dazu nicht bereit, mussten aber schließlich einknicken. Das Urteil führte kurzfristig zu 130 Anträgen auf Eigenanbau. Mit seinem jetzt verabschiedeten Gesetz verhindert Gröhe weitere gerichtliche Auseinandersetzungen.