Auf der Suche nach einem HIV-Impfstoff setzen Forscher auf breit-neutralisierende Antikörper. Erstmals wurde jetzt ein neuer anti-HIV-Antikörper getestet. Mit Erfolg: Er zeigte eine hohe antivirale Aktivität und konnte die Viruslast im Blut deutlich absenken.
Bei vielen Infektionskrankheiten gelingt es dem Körper problemlos, mithilfe von Antikörpern die ursächlichen Erreger zu zerstören und so eine Heilung herbeizuführen. Bei HIV ist das anders. Zum einen befällt und schädigt HIV wichtige Zellen des Immunsystems, zum anderen ist HIV extrem wandelbar und kann so immer wieder der Immunantwort entweichen. In den vergangenen Jahren wurde eine neue Generation an breit-neutralisierenden Antikörpern identifiziert. „Diese Antikörper können eine große Anzahl an unterschiedlichen HI-Viren effektiv neutralisieren und sind daher von besonderer Bedeutung bei der Suche und Entwicklung eines HIV-Impfstoffs“, erklärt Prof. Dr. Florian Klein vom Universitätsklinikum Köln.
Die Arbeitsgruppe um Klein, unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), untersuchte in Kooperation mit der Klinischen Infektiologie der Uniklinik Köln und dem Rockefeller University in New York, ob und wie breit-neutralisierende Antikörper zur Therapie der HIV-Erkrankung eingesetzt werden können. Der breit-neutralisierende anti-HIV-Antikörper mit der Bezeichnung „10-1074“ erkennt eine spezifische Struktur (V3 loop) auf dem Hüllprotein von HIV und wurde in gesunden Probanden und in Patienten mit einer HIV-Infektion untersucht. In der Phase-I-Studie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Antikörper gut vertragen wurde und günstige pharmakokinetische Eigenschaften aufweist. Zudem zeigte der Antikörper in HIV-infizierten Teilnehmern eine hohe antivirale Aktivität, die zu einer Absenkung der Viruslast im Blut führte.
Darüber hinaus konnte das Team die Entwicklung von resistenten HIV-Varianten genau untersuchen. „Die sehr umfangreichen genetischen Sequenzanalysen des HI-Virus erlauben es uns darzustellen, mit welcher Dynamik und welchen Mechanismen HIV auf den Antikörper reagiert“, so Dr. Henning Gruell, einer der Erstautoren der aktuellen Arbeit. „Diese Studien erlauben uns, die Erkenntnisse unserer Forschung in optimaler Weise wieder zum Patienten zu bringen“, erklärt Klein. „Nur dadurch sind wir in der Lage, erste klinische Ergebnisse zu erhalten und zu verstehen, wie Antikörper zu einer verbesserten Abwehr und Therapie von Infektionskrankheiten eingesetzt werden können“. Die Wissenschaftler planen weitere Studien, die einen Antikörper-vermittelten Therapieansatz in HIV-infizierten Patienten untersuchen sollen. Originalpublikation: Antibody 10-1074 suppresses viremia in HIV-1-infected individuals Marina Caskey et al.; Nature Medicine, doi: 10.1038/nm.4268; 2017