Bisher war unklar, warum bestimmte Diabetes-Medikamente zu vermindertem Hungergefühl führen. Eine Studie konnte zeigen, dass der gewichtssenkende Effekt der GLP-1-Analoga eintritt, wenn der Hypothalamus stark mit anderen Gehirnregionen interagiert.
GLP-1-Analoga ahmen die Wirkung des GLP-1-Hormons aus dem menschlichen Darm nach, das die Insulinausschüttung steigert und so die Zucker-Verstoffwechselung verbessert. Wissenschaftler des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas-Erkrankungen, der Universitätsmedizin Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig testeten die Auswirkungen eines GLP-1-Analogons (Exenatide) auf die Gehirnaktivität und auf das Hungerempfinden. Für die wissenschaftliche Untersuchung erhielten die Studienteilnehmer eine Exenatide-Infusion. Im Verlauf der anschließenden funktionellen Magnetresonanztomografie wurden den Probanden Bilder mit Essen gezeigt und dabei ihre Gehirnaktivitäten gemessen. Es folgte dann ein Buffet, bei dem die Studienteilnehmer so viel essen konnten, bis sie sich satt fühlten. Dabei wurde die Kalorienaufnahme jedes Teilnehmers genau vermerkt. Am Versuchstag beurteilten sie außerdem mehrfach anhand einer normierten Skala, wie hungrig sie sich fühlten.
Bei der Hälfte der Probanden kam es durch die Medikamentengabe zu einem verringerten Hungergefühl; in der Folge nahmen sie rund 24 Prozent weniger Kalorien beim Buffet auf als Studienteilnehmer, die ein Placebo-Mittel erhalten haben. Bei der anderen Hälfte der Teilnehmer führte Exenatide im Vergleich zu Placebo nicht zu einer reduzierten Kalorienaufnahme. Bei den Probanden mit verminderter Kalorienzufuhr nach Exenatide zeigte sich eine verstärkte Interaktion des Hypothalamus mit anderen Gehirnarealen, also eine größere Vernetzung (Konnektivität). Dies ist möglicherweise die Ursache für das verminderte Hungergefühl und schließlich für den Gewichtsverlust bei Diabetespatienten, die GLP-1-Analoga einnehmen. Die Faktoren, warum Exenatide bei einigen Menschen die Gehirnaktivität beeinflusst und bei anderen nicht, sind noch in Folgestudien zu klären. Prof. Dr. Michael Stumvoll, Wissenschaftlicher Leiter des IFB Adipositas-Erkrankungen betont: "Studien dieser Art tragen dazu bei, die multifaktoriellen Ursachen von krankhaftem Übergewicht und damit das Ansprechen einzelner Untergruppen auf eine bestimmte Therapie zu verstehen. Denn wenn Adipositaspatienten zu der Gruppe mit dem beschriebenen Effekt gehören, könnten GLP-1-Analoga in der Gewichtsreduktion indiziert sein und bei diesen Patienten gezielt eingesetzt werden. Dies würde Kosten und Nebenwirkungen bei Patienten vermeiden, die nicht mit Gewichtsverlust auf diese Medikamente reagieren."
Exenatide-induced reduction in energy Intake is associated with increase in hypothalamic connectivity Haiko Schlögl et al.; Diabetes Care, doi: 10.2337/dc12-1925; 2013