Einer britischen Langzeitstudie zufolge waren Menschen, die in der Nähe von Grünflächen wohnen, mit ihrem Leben zufriedener und hatten weniger psychische Probleme als Stadtbewohner bei denen das Grau von Häusern und Straßen vorherrschte.
Forscher des Europäischen Zentrums für Umwelt und Gesundheit der britischen Universität Exeter unter der Leitung des Umwelt-Psychologen Dr. Mathew White haben die Daten von 5.000 Haushalten und mehr als 10.000 Studienteilnehmern zwischen den Jahren 1991 und 2008 analysiert und untersucht, wie sich Parks und Grünflächen auf die Psyche und die Lebenszufriedenheit der Stadtbewohner auswirkte. Die Studie wurde im Fachmagazin "Psychological Science" veröffentlicht. Bisherige Forschungsergebnisse Bereits 2008 stellte die Weltgesundheitsorganisation WHO fest, dass die Verstädterung eine potentielle Gefahr für psychische Gesundheit und Wohlbefinden sowie eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit in Ländern mit mittel- bis hohem Einkommen darstellt. Andererseits zeigen niederländische Querschnitts-Untersuchungen, dass ein Leben in der Nähe von städtischen Grünflächen mit geringerem psychischem Stress verbunden ist. "Niederländische Studien, die sich auf Querschnittsdaten stützten, berücksichtigten keine zeitliche Komponente und zeigten vor allem, dass glücklichere Menschen bereits in der Nähe von Grünflächen wohnten", kritisiert White. Zweitens berücksichtigten bisherige Studien ausschließlich den Zusammenhang zwischen Grünflächen und psychischen Belastungen und ließen eine Reihe weiterer psycholgischer lebensbeeinflussender Faktoren wie Lebenszufriedenheit (life satisfaction) unberücksichtigt. Und drittens blieben bei den älteren Studien die beiden Faktoren Hochzeit und Arbeitsplatz als positive Faktoren für die Lebenszufriedenheit unberücksichtigt. Britische Panel-Langzeitstudie "In der aktuellen Untersuchung (Would You Be Happier Living in an Greener Urban Area?) verwendeten wir sekundäre Paneldaten (British Household Panel Survey BHPS 1991-2008) um festzustellen, ob Menschen glücklicher sind – höhere Lebenszufriedenheit und weniger psychischen Stress haben – wenn sie in Gegenden mit mehr Grünflächen wohnen als in einer Umgebung mit weniger Grünflächen", berichtet White. Die Studienteilnehmer beantworteten in regelmäßigen Intervallen mittels Fragebogen, wie sie in den vergangenen zwei bis drei Wochen mit ihrer allgemeinen Lebenssituation zufrieden waren, wie es um ihre Psyche bestellt war und ob sie den Wohnort gewechselt hatten. Die Studienautoren wollten dabei weniger die Studienteilnehmer miteinander vergleichen, sondern Unterschiede innerhalb ein und der selben Person aufzeigen. Mit Hilfe des Fixed-Effects-Ansatzes gelang es den Forschern den "Grünflächen-Einfluss" sowie die Auswirkungen der beiden Faktoren "Hochzeit" und "Arbeitsplatz" auf die allgemeine Lebenszufriedenheit zu bewerten. Die psychische Verfassung wurde anhand einer Skala von 0 (very low mental distress) bis 12 (very high mental distress) erhoben. Insgesamt wurden 87.573 Fragebögen von 12.818 Personen ausgewertet. Die Durchschnittsbewertung lag bei 1,92. Das allgemeine Wohlbefinden (life satisfaction): "How dissatisfied or satisfied are you with your life overall?", wurde ebenfalls per Fragebogen auf einer Skala von 1 (not satisfied at all) bis 7 (completely satisfied) erhoben. Es wurden 56.574 Fragebögen von 10.168 Personen ausgewertet. Das Durchschnittsergebnis lag bei 5,20. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Menschen glücklicher sind, wenn sie in einer Umgebung mit höherem Grünflächenanteil leben. Starker “Grünflächen-Effekt” Im Vergleich zu einem Leben mit weniger Grünflächen zeigten sich signifikant weniger psychische Beschwerden und signifikant höhere Lebenszufriedenheit“, betont White. Der positive Effekt blieb auch dann bestehen, wenn weitere Zufriedenheitsfaktoren, wie Ausstattung der Wohnung, Familienstand, Arbeitsplatz, durchschnittliche Anfahrtszeit zur Arbeit und das Haushaltseinkommen berücksichtigt wurden. Im direkten Vergleich mit den positiven Effekten einer Hochzeit brachte der Umzug in eine grünere Umgebung eine Verbesserung der Lebenszufriedenheit um etwa ein Drittel. "Während die positiven Auswirkungen einer Hochzeit lokal ziemlich begrenzt sein werden, ist die Anzahl derjenigen, die von einem Park profitieren wesentlich größer", betont White. Daher sollten die Effekte nicht ignoriert werden, nur weil sie für den Einzelnen nicht sehr groß sind. Verglichen mit dem Antritt eines neuen Arbeitsverhältnisses nach vorhergehender Arbeitslosigkeit lag der "Grünflächen-Effekt" immer noch bei einem Zehntel. Man dürfe bei der Beurteilung auch nicht auf den inneren Wert vergessen, den Grünflächen repräsentieren unsere Umwelt, in der wir einen Großteil unser Entwicklung und Kulturgeschichte verbringen, so die Studienautoren. Empfehlungen der Studienautoren Entscheidungsträger würden zunehmend erkennen, wie wichtig es ist, den psychischen Zustand und das Wohlbefinden der Bevölkerung zu verbessern und fragen sich welche Rolle dabei die natürliche Umgebung spielen könnte. Damit könnte die Studie auch auch stadtplanerische Konsequenzen haben. "Unsere Daten zeigen, dass signifikante Verbesserungen erzielt werden, wenn man den Umfang der Grünflächen in städtischen Ballungsräumen vergrößert“, betont White. Auch geringe Verbesserungen für das einzelne Individuum haben große Auswirkungen, weil Grünflächen, viele Menschen positiv beeinflussen. So eine Politik ließe sich leichter umsetzen und geringeren ethischen und politischen Widerstand hervorrufen, als Interventionen, die das gesellschaftliche Wohlergehen durch Erhöhung der Heiratsraten verbessern. Zusätzliche Grünflächen wären besonders für die ärmsten Schichten der Bevölkerung von Vorteil und in der Lage das soziale Ungleichgewicht bei psychischen Störungen und gesundheitlichem Wohlbefinden beseitigen. Wir würden weitere Forschungen begrüßen, die in einem Zeitreihen-Ansatz überprüfen, ob der positive (Grünflächen)-Effekt über einen längeren Zeitraum anhält oder wie bei Hochzeiten geringer wird, so White abschließend. Grünflächeneffekt lokal begrenzt Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2009 "Morbidity is related to a green living environment", die im Fachmagazin "Journal of Epidemiolgy and Community Health" veröffentlicht wurde, analysierte den gesundheitsfördernden Einfluss von Grünanlagen auf 24 unterschiedliche Krankheitsbilder wie Atemwegserkrankungen, psychische Erkrankungen und Herz-Kreislauferkrankungen. Studienleiterin Jolanda Maas vom EMGO Institute VU University Medical Center, Amsterdam, wertete die Gesundheitsdaten von mehr als 345.000 Niederländern aus. Ergebnis: Die jährliche Prävalenz von 15 der 24 Krankheitsbilder war in einem Radius von einem Kilometer mit einem hohen Grünflächenanteil geringer. Besonders Angststörungen und Depressionen waren in stark verbauten Gebieten mit wenig Grünflächen häufiger vertreten als in Gegenden mit einem hohen Grünflächenanteil. Die stärkste positive Wirkung auf psychische Erkrankungen ging demnach von Grünflächen aus, die innerhalb von einem Kilometer vom Wohnort der Betroffenen entfernt waren, in einigen Fällen waren positive gesundheitliche Effekte bis in eine Entfernung von drei Kilometern nachweisbar. Außerdem konnten die Forscher zeigen, dass besonders für Kinder und wirtschaftlich schlechter gestellte Personen der positive Einfluss von Grünflächen überproportional hoch ist.