Bösartige Tumore als Folge von Asbestexposition gehören zu den aggressivsten Krebsarten überhaupt. Neue Resultate in der Erforschung des Proteins Calretinin zeigen nun vielversprechende Ansätze in der Therapie von solchen malignen Mesotheliomen.
Krankheiten wie Asbestose (eine Variante der Staublungenkrankheiten), Lungenkrebs oder bösartige Tumore des Brust- (Pleura) und seltener des Bauchfells (Peritoneum), sogenannte maligne Mesotheliome, können durch Asbeststaub verursacht werden. In der Schweiz herrscht deshalb seit über 20 Jahren ein Asbestverbot - trotzdem kommt das gesundheitsschädliche Material noch in vielen Altbauten vor. In Ländern wie Kanada, China oder Russland wird Asbest immer noch abgebaut und verarbeitet. Die Zeitdauer von der Asbestexposition bis zum Auftreten eines malignen Mesothelioms beträgt zwar lange 20 bis 40 Jahre; die danach noch verbleibende Lebensdauer der Patienten hingegen liegt in den meisten Fällen unter einem Jahr. Erfolgreiche Therapiemöglichkeiten gibt es bisher keine. Entsprechend interessant ist die neueste Entdeckung des Forschungsteams von Professor Beat Schwaller des Departements für Medizin der Universität Freiburg.
Prof. Schwaller und sein Team erforschen seit rund zwanzig Jahren das Protein Calretinin und dessen mögliche Rolle in Zellen. Man weiss, dass Calretinin, ein sogenannt kalzium-bindendes Protein, in Mesotheliomen überexprimiert ist. Dessen genaue Funktion aber ist, sowohl in gesunden Zellen wie auch in den Krebszellen, noch weitgehend unbekannt. Bereits 1993 produzierte Prof. Schwaller in seinem Labor Calretinin-Antikörper und nutzte diese als positiven Marker zur Identifizierung von Mesotheliomen. Noch heute werden diese Antikörper weltweit von Pathologen zur Diagnose von Mesotheliomen eingesetzt. Durch molekularbiologische Methoden ist es nun gelungen, in Mesotheliom-Zellen, die Expression von Calretinin effizient zu hemmen. Das überraschende Resultat: Die Krebszellen starben ab. Der Zelltod erfolgte dabei entweder durch die sogenannte Apoptose, den physiologischen Untergang der Zelle oder auch programmierten Zelltod genannt, oder durch die Nekrose, den pathologischen Zelltod.
Die Gruppe von Prof. B. Schwaller konnte damit aufzeigen, dass bösartige Tumorzellen grösstenteils absterben, wenn man das Calretinin darin herunterreguliert. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse im Bereich der Grundlagenforschung konnte das Protein Calretinin als neues und potenziell Erfolg versprechendes Ziel in der Krebsbehandlung identifiziert werden. Die Entdeckung ist von grossem Interesse, gerade weil die heutigen Therapiemöglichkeiten für maligne Mesotheliome sehr beschränkt sind und dringend neue Behandlungsmethoden gesucht werden. Originalpublikation: Calretinin is essential for mesothelioma cell growth/survival in vitro: A potential new target for malignant mesothelioma therapy? W. Blum et al.; International Journal of Cancer, doi: 10.1002/ijc.28218, 2013