Salicylsäure kann die Besiedlung von Staphylococcus aureus in der Nasenschleimhaut unerwartet verlängern. Die in Obst und Gemüse enthaltene Säure entzieht den Bakterien Eisen – die reagieren mit einem verstärkten Biofilm, der ein längeres Überleben ermöglicht.
Bei etwa einem Viertel der Bevölkerung siedelt sich das Bakterium Staphylococcus aureus in den oberen Atemwegen an. Im Normalfall besteht dadurch kein Gesundheitsrisiko, denn diese Bakterien sind Opportunisten. Geht es dem Wirt gut und werden sie optimal versorgt, dann verhalten sie sich ruhig und werden vom Immunsystem in Schach gehalten. Erst bei einer Infektion durch andere Erreger oder eine Krankheit werden sie aktiv. Die Besiedlung könnte jedoch durch den regelmäßigen oder bei Schmerzen erhöhtem Konsum des Wirkstoffes Salicylsäure unerwartet verlängert werden. Das zeige nun eine Studie der Forschungsgruppe um Monika Ehling-Schulz vom Institut für Mikrobiologie der Vetmeduni Vienna mit der Forschergruppe von Fernanda Buzzola der Universität Buenos Aires.
Eisen ist ein wichtiges Spurenelement für den menschlichen Körper. Auch der Stoffwechsel vieler Bakterien wie eben auch Staphylococcus aureus hängt von der Verfügbarkeit von Eisenmolekülen ab. Salicylsäure bildet einen Komplex mit den Eisenionen im Blut und entzieht damit den Staphylokokken dieses Spurenelement. Steht den Mikroorganismen damit zu wenig oder kein Eisen zur Verfügung, stellen sie ihren Stoffwechsel um. Sie reagieren auf die für sie ungünstigen Bedingungen und verstärken ihren Biofilm, erklärt Studien-Co-Autor Dr. Grunert. Das macht sie widerständig und verlängert ihre Lebensdauer.
Genau diese Verstärkung wird durch regelmäßigen oder erhöhten Konsum von Salicylsäure unterstützt. Als Medikament nimmt man den Wirkstoff üblicherweise nicht regelmäßig ein. Das Pflanzenhormon ist allerdings auch Bestandteil von Aknemitteln und bestimmten Peelingprodukten. Menschen, die sich vorwiegend vegetarisch ernähren, sind ebenfalls davon betroffen. Denn Salicylsäure findet man vor allem in Früchten, Obst und Gemüse. „Dadurch isst man quasi jeden Tag eine kleine Dosis des Wirkstoffes“, sagt Grunert. Durch entsprechende Medikamente erhöht sich der Verlust weiter. Durch die orale Aufnahme gelangt die Salicylsäure in den Blutkreislauf und bildet dort den Komplex mit Eisenionen.
Nachgewiesen hat das Forschungsteam diesen Effekt im Laborversuch. „Wir haben zuerst bestätigt, dass Salicylsäure das für die Staphylokokken so wichtige Eisen wirklich einfängt“, so Grunert. Denn eigentlich ist bekannt, dass das Pflanzenhormon ein Komplexbildner ist. Die Experten führten Tests mit verschiedenen Dosen des Wirkstoffesdurch: „Wir ließen die Staphylokokken dafür in einem speziellen, eisenhaltigen Medium, also einer Nährlösung, in Laborgefäßen anwachsen.“ Durch die Zugabe der Salicylsäure konnte schließlich eine weitere Verstärkung des Biofilms festgestellt werden. Darüber hinaus zeigte sich bei der Behandlung von Mäusen mit Salicylsäure, dass das Pflanzenhormon eine längere Besiedlung von Staphylococcus aureus in der Nasenschleimhaut begünstigte.
„Wir konnten zeigen, dass häufiger Konsum von Salicylsäure bzw. ein vegetarischer Lebensstil die Kolonisierung der oberen Atemwege mit Staphylococcus aureus unterstützen kann“, erklärt Grunert. Dies könnte dazu beitragen, dass Staphylokokken-Infektionen langwieriger verlaufen und schwieriger zu behandeln sind. Originalpublikation: The Active Component of Aspirin, Salicylic Acid, Promotes Staphylococcus aureus Biofilm Formation in a PIA-dependent Manner Cristian Dotto et al.; Frontiers in Microbiology, doi: 10.3389/fmicb.2017.00004; 2017