Eine nach der Comicfigur "Popeye" benannte Proteinfamilie spielt eine Rolle bei der Reaktion des Herzens auf Stressfaktoren. Die Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden von Herzrhythmusstörungen helfen.
Die Popeye-Proteinfamilie (Popdc) wurde vor zehn Jahren entdeckt und wegen ihres hohen Vorkommens in muskulär geprägten Bereichen nach der Comicfigur benannt. Ihre exakte Funktion blieb bisher unklar. Die Studie zeigt nun, dass die Proteine dem Herzen bei der Erhöhung des eigenen Rhythmus’ helfen, wenn es aufgrund von mentalem oder physischem Stress zu einer verstärkten Ausschüttung des Hormons Adrenalin kommt.
Forscher des Londoner Imperial Colleges, der University of Birmingham und der Universität Würzburg untersuchten dazu Mäuse mit nur mangelhafter Versorgung an Popdc-Proteinen.
Stress als Bremsklotz
Bei gesunden Menschen und Mäusen sorgt der natürliche Schrittmacher des Herzens, als Reaktion auf eine erhöhte Adrenalinausschüttung, für eine Erhöhung der Herzfrequenz und versorgt den Körper dadurch mit zusätzlichem Sauerstoff. Mäuse mit geringer Popdc-Proteinversorgung reagierten auf stressige Situationen mit einer verlangsamten Herzfrequenz.
Die Herzfrequenz vieler älterer Menschen verlangsamt sich in Stresssituationen in ähnlicher Weise. In diesen Fällen lautet die Diagnose häufig Sick-Sinus-Syndrom, was in der Regel zur Implantation eines Herzschrittmachers führen würde. Die Forscher rechnen nun damit, dass ihre Erkenntnisse neue Behandlungsmöglichkeiten von durch Stress hervorgerufenen Herzunregelmäßigkeiten ermöglichen könnten. Mögliche Einsatzgebiete sind Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern oder der plötzliche Herztod.
Wichtige Funktion in der Herzrhythmus-Regulation
Professor Thomas Brand, Mediziner am nationalen Herz- und Lungeninstitut des Imperial College in London und Leiter der Studie, sagt: „Viele ältere Menschen haben in Stresssituationen Probleme mit ihrem natürlichen Herzschrittmacher, jedoch ist noch wenig über die exakte Mechanik der Herzreaktion bekannt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Popdc-Proteine bei Mäusen eine wichtige Funktion in der Herzrhythmus-Regulation einnehmen und es ist anzunehmen, dass dasselbe für den Menschen gilt.“
Er erklärt: „Weitere Untersuchungen der Labormäuse werden uns tiefere Einblicke in die Probleme des natürlichen Herzschrittmachers geben und die Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen ermöglichen. Es ist weiterhin in Planung, die exakte Verhaltensweise der Popdc-Gene bei Sick-Sinus-Erkrankten zu untersuchen.“
Studie hilft Stressmechanismus zu verstehen
Popdc-Proteine sind an der Außenmembran der Herzschrittmacher-Zellen verortet. Die Forscher fanden heraus, dass die Popdc-Proteine mit cAMP-Signalmolekülen zusammenwirken und dass dies die elektrischen Eigenschaften der Zellmembran verändert. Sie sind der Meinung, dass es sich hierbei um den Mechanismus handelt, durch den das Adrenalin den Herzrhythmus beeinflusst.
“In Bewegungsphasen kann der Herzschlag den Ruhepuls um das Dreifache überschreiten und die Muskeln somit zu zusätzlicher Aktivität animieren“, sagt Professor Brand. Diese Studie hilft zu verstehen, mit welchem Mechanismus das menschliche Herz auf Stresssituationen reagiert.
Originalpublikation: Popeye domain containing proteins are essential for stress-mediated modulation of cardiac pacemaking in mice Thomas Brand et al.; J Clin Invest., doi: 10.1172/JCI59410; 2012