Experten haben sich besorgt über die Zunahme von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) geäußert. In Deutschland leiden ca. 300.000 Menschen an Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sagte Prof. Pia Munkholm aus Kopenhagen bei einem Kongress in Hamburg.
Nach jüngsten Erkenntnissen nahm die Zahl der stationären Behandlungen dieser Krankheiten allein in Österreich in den vergangenen zehn Jahren um 270 Prozent zu, ergänzte der Sekretär der Europäischen Crohn & Colitis Organisation (ECCO), Prof. Walter Reinisch. Probleme seien oft zu späte Diagnosen und Stigmatisierung der Erkrankten.
Die Experten aus fast allen Ländern Europas berichten bei ihrem dreitägigen Kongress in Hamburg noch bis Sonnabend über neue Forschungsansätze und -ergebnisse. Neben Therapien mit Antibiotika und Cortisonpräparaten rücken zunehmend Medikamente zur Dämpfung der Immunreaktionen in den Blickpunkt. Die chronischen Darmentzündungen werden durch eine Überaktivität des Immunsystems ausgelöst.
Über die Ursachen von CED ist noch recht wenig bekannt. «Trotz großer Fortschritte wissen wir immer noch nicht, wie die Krankheit entsteht», sagte Prof. Axel Dignass aus Frankfurt/Main. Eine Mischung verschiedener Faktoren wie genetischer Disposition und Umwelteinflüsse sei wahrscheinlich. Auch gebe es ein auffälliges Gefälle der Erkrankungsraten zwischen Nord- und Südeuropa sowie West- und Osteuropa. Ein besonderer Risikofaktor sei das Rauchen. «Rauchen ist für alles ungünstig, aber gerade für die chronisch entzündliche Darmerkrankung», sagte Dignass.
Sorge bereitet den Ärzten, dass bei vielen Patienten drei und mehr Jahre bis zur richtigen Diagnose vergehen. Unzureichend behandelt seien schwere Komplikationen wahrscheinlicher. Diese können bis zur Arbeitsunfähigkeit und sozialen Isolierung führen. «Die unnötige Verzögerung bis zur Einleitung einer wirksamen Therapie kann irreversible Schäden bedingen und Operationen erforderlich machen», sagte Reinisch. Zerstörung der Darmschleimhaut, Geschwüre, Fistelbildung und Übergang der Entzündung auf Gelenke und andere Organe seien möglich. Auch das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, ist bei dieser Gruppe bis zu zehnfach erhöht, berichtete Reinisch.