Klinikärzte verdienen gut – in der Praxis sieht es schlechter aus. Das zeigen neueste Ergebnisse einer Umfrage. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen sieht deshalb Nachholbedarf: Er fordert attraktivere Verdienstmöglichkeiten für Niedergelassene.
In regelmäßigen Abständen veröffentlicht das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi) Daten zu Kosten- und Versorgungsstrukturen. „Die finanzielle Situation der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten hat sich zwar verbessert“, kommentiert Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Trotzdem: Die Arbeit als angestellter Arzt im Krankenhaus ist finanziell attraktiver. Gleichzeitig stagnieren die Investitionen. Das ist eine alarmierende Entwicklung.“
Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse basieren auf den Daten von rund 5.000 Praxen im Jahr 2015. Zwischen 2011 und 2014 erhöhten sich die Betriebskosten um 8,9 Prozent. Dies sei in erster Linie auf höhere Aufwendungen für Personal zurückzuführen, vermuten Experten. Gleichzeitig erhöhten sich die Gesamteinnahmen um 10,2 Prozent pro Praxis. Verglichen mit 2014 ist der Jahresüberschuss um 6,6 Prozent gestiegen. 2014 waren es 156.000 Euro je Praxisinhaber, und 2011 rund 140.000 Euro. Für viele Praxisinhaber sieht die Realität aber anders aus: Laut Panel kamen 75 Prozent der Praxisinhaber auf weniger als 197.900 Euro Jahresüberschuss, während 50 Prozent der Inhaber weniger als 136.600 Euro erwirtschaften, bei weiteren 25 Prozent waren es sogar weniger als 88.500 Euro. „Nach Abzug von Steuern und Versicherungen verbleiben dem Niedergelassenen rund 78.000 Euro im Jahr“, erklärt der KBV-Chef. Geld, von dem der Niedergelassene dann noch Investitionen in seine Praxis tätigen muss.
Zi-Wissenschaftler haben im nächsten Schritt ihre Daten bereinigt, um Kliniken und Praxen zu vergleichen. Brachen sie Einnahmen, die Inhaber aus der Behandlung privat versicherter Patienten erzielten, auf das GKV-Niveau herunter, kamen sie auf einen Jahresüberschuss von 130.000 Euro. Bei einem Oberarzt waren es je nach Berufserfahrung 132.000 und 140.000 Euro inklusive Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Gassen spricht von einem „erheblichen Nachholbedarf beim kalkulatorischen Arztlohn“. Sein Resümee: „Die Niederlassung muss wieder attraktiver werden – das geht aber nur, wenn die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis bei hohem wirtschaftlichen Risiko mindestens genauso gut sind, wie in der sicheren Anstellung im Krankenhaus.“