Heidelberger Forscher haben im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen einen wichtigen Beitrag geleistet. In ihrer Studie kombinierten sie Antibiotika mit Vanillin. Das Ergebnis: Durch die Kombination konnten selbst nur noch schwach wirksame Antibiotika multiresistente Bakterien abtöten.
Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ist zu einem ernsthaften Problem für die öffentliche Gesundheit geworden. In den letzten Jahren standen laut Robert Koch Institut noch vor allem gram-positive Bakterien wie beispielsweise Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) oder auch Glykopeptid resistente Enterokokken (VRE) im Vordergrund des Geschehens. Nun treten vermehrt auch Resistenzen im Bereich gram-negativer Erreger auf, die teilweise eine komplette Resistenz gegen alle Beta-Lactam-Antibiotika aufweisen. Dieser Resistenzbildungsprozess ist gefährlich und kann langfristig dazu führen, dass eigentlich gut behandelbare Krankheiten wieder einen tödlichen Verlauf nehmen.
Um dieses Szenario zu verhindern, sind Forscher seit Jahren auf der Suche nach einer Lösung. Heidelberger Wissenschaftler veröffentlichten nun in der Zeitschrift Nature eine verblüffende Studie, die eine ganz neue Möglichkeit der Antibiotikatherapie aufzeigt. In einem groß angelegten Screening untersuchten die Forscher erstmals die Wirkungen von verschiedenen Substanzen auf die antibakterielle Wirkung unterschiedlicher Antibiotika. Zu den verwendeten Stoffen gehörten unter anderem verschiedene, im Humanbereich eingesetzte Medikamente, wie Aspirin, Diclofenac, Metformin und das Durchfall-Präparat Loperamid. Auch die Wirkung von Lebensmittelzusatzstoffen wie Vanillin und Curcumin, sowie einem lokalen Betäubungsmittel auf unterschiedliche Antibiotika wurde in der Studie überprüft. Im Rahmen des Testverfahrens wurde jeweils ein Antibiotikum zusammen mit einem von 79 zu testenden Substanzen in verschiedenen Konzentrationen auf die im Labor angezüchteten Bakterienkulturen gegeben. Um die Wirkung auf verschiedene Bakterienarten zu untersuchen wurden hierzu insgesamt sechs Stämme von drei gram-negativen Erregern in Kultur verwendet. So konnte die Antibiotika-Substanz-Kombination jeweils an zwei Stämmen von Salmonella enterica Serovar Typhimurium, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa getestet werden. Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler nahezu 3000 dosisabhängige Kombinationen. Sie verglichen sie mit der Wirkung von Antibiotika ohne zusätzliche Substanz in bakteriellen Kulturen.
Während ein Großteil der getesteten Wirkstoffe zu einer Abschwächung der hemmenden, antibakteriellen Wirkung auf Bakterien führte, konnten einige Substanzen den antibiotischen Effekt teilweise deutlich verstärken. Diese Wirkungen stellten sich größtenteils sehr speziesspezifisch dar. So wirkten bestimmte Antibiotika-Substanz-Kombinationen nur auf einen bestimmten Bakterienstamm einer Art oder nur auf eine der untersuchten Bakterienarten. Weiterführende Testverfahren bestätigten die zuvor erzielten Ergebnisse. Auch gegen multiresistente Erreger wie Klebsiella pneumoniae und E. coli konnten wirksame Kombinationen aus Antibiotikum und Substanz gefunden werden. Vanillin beispielsweise war hier in der Lage die Wirkung des sonst nur sehr schwach wirksamen Antibiotikums Spectinomycin auf multiresistente E. coli-Bakterien deutlich zu erhöhen. Auch gegen Klebsiella konnte eine effektive Wirkstoffkombination gefunden werden. Waren die Bakterien gegen das Antibiotikum Colistin alleine noch resistent, konnte durch die Verwendung des Polymyxin-Antibiotikums Colistin zusammen mit dem Makrolidantibiotikum Clarithromycin die Wirkung auf Klebsiellen stark erhöht werden. Wie genau die Wirkstoffkombinationen im bakteriellen Bereich wirken, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Vermutet wird derzeit, dass die zugesetzte Substanz den Eintritt des Antibiotikums in das Bakterium erleichtern.
Die Ergebnisse der Studie könnten einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die bakterielle Resistenzbildung leisten. Durch die teilweise starke speziesspezifische Wirkung der Wirkstoffkombinationen könnten so langfristig sogar gezielt bestimmte Bakterien selektiv abgetötet werden, ohne dabei nützliche Bakterien zu schädigen. Positiv zu werten ist außerdem, dass die verwendeten Substanzen bereits alle als Medikamente oder Lebensmittelzusatzstoffe für den Menschen zugelassen sind. Weiteren Studien, auch im klinischen Bereich, steht deswegen kaum noch etwas im Wege. Zudem könnten weitere Forschungsarbeiten zeigen, ob es noch mehr Wirkstoffe gibt, die in der Lage sind Antibiotika in ihrer Wirkung zu unterstützen.