Fallende Preise im OTC-Markt machten den Arzneimittelversendern im Jahr 2004 zu schaffen. Trotzdem wuchs der Umsatz, und neue Geschäftsmodelle zeigen, dass der Branche die Ideen nicht ausgehen. Zwischenzeitig äußerte sich auch einmal wieder ein Kammergericht zu dem Thema. Fazit: Alles fließt...
Wenn die Zahl der eingetragenen Versandapotheken in Deutschland ein Maß für den Erfolg des Versandhandelskonzepts wäre, dann wäre die Sache klar: Eine neue Studie der Postbank hat sich den Markt gerade unter die Lupe genommen und einen aktuellen Zwischenstand erstellt. Demnach gibt es mittlerweile über tausend zugelassene, deutsche Versandapotheken. 264 davon hat die Postbank deutschlandweit befragt und stieß auf vorsichtigen Optimismus: Knapp zwei Drittel der Anbieter erwarten im Jahr 2005 steigende Umsätze. Etwa derselbe Anteil möchte weiter in den Ausbau des Onlinevertriebs investieren. Knapp drei Viertel wollen die Produktpalette ausbauen. Und immerhin sechzig Prozent wollen sich verstärkt in Werbung und Marketing engagieren.
In Wahrheit ist das Versenden kein Zuckerschlecken
Fragt man genauer nach, dann klingen die Töne freilich skeptischer: "Für mich ist der Aufbau des Versands allenfalls eine Zukunftsinvestition. Im Moment habe ich da gar nichts von", sagt ein Versender aus Nürnberg, der nicht genannt werden will. Er dürfte die Stimmung einer Mehrzahl der Kollegen treffen. Die Macher von Medpreis.de, einem von mehreren Preisvergleichsportalen für Kunden von Versandapotheken, sprechen von einem durchschnittlichen Preisverfall bei den 100 meistgesuchten OTC-Produkten von rund einem Drittel im Jahr 2004. In diesen Wert gehen die 48 Versender ein, die Medpreis.de in seiner Datenbank abbildet: "Mit den Preisen fallen unsere Margen ins Bodenlose", sagt ein Versandapotheker aus Norddeutschland. Fakt ist: Die meisten Anbieter verschicken allenfalls ein paar Packungen pro Woche. Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln gibt es wegen des einheitlichen Apothekenabgabepreises praktisch keinen Preisspielraum für deutsche Versandapotheken. Lediglich im OTC-Bereich können kundenlockende Vergünstigungen angeboten werden, die häufig zehn Prozent und mehr betragen. Mittelfristig rechnet der Bundesverband Deutscher Versandapotheken trotz politischer Hürden mit einem Umsatz von drei Milliarden Euro pro Jahr. Im letzten Jahr betrug der Gesamtumsatz deutscher Versandapotheker bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums aber lediglich 40 Millionen Euro, etwa zwei Promille des insgesamt in diesem Bereich bewegten Geldes. Was die Preisgestaltung angeht, haben es Versandapotheken außerhalb Deutschlands einfacher. Hier werden auch wesentlich höhere Umsätze gemacht. Die holländische Internetapotheke DocMorris alleine hat im Jahr 2004 ihren Umsatz auf 130 Millionen Euro gesteigert. Die Kundenzahl bewegt sich im Hunderttausenderbereich. Doch auch DocMorris hat Probleme. So hat das Berliner Kammergericht entschieden, dass holländische Versender nicht ohne behördliche Genehmigung verschreibungspflichtige Präparate nach Deutschland liefern dürfen, weil dort für den Versandhandel nicht dieselben Sicherheitsstandards gelten. Das Urteil richtet sich allerdings, anders als in den Medien zunächst gemeldet, nicht gegen die Firma oder gegen holländische Versender generell, sondern gegen den DocMorris-Gründer Jacques Waterval, der gar nicht mehr bei der Firma aktiv ist. Es hat damit keinerlei unmittelbare Konsequenzen, könnte aber, wenn es ein weiteres Verfahren gegen die Niederländer gibt, durchaus noch zu einem Problem für DocMorris werden.
Neuer Trend: Kassenhomepage als Medikamentenshop
Während sich die gerichtlichen Auseinandersetzungen in diesem und anderen Punkten vermutlich hinziehen werden, beweist die Branche weiterhin Kreativität bei der Konzipierung neuer Geschäftsmodelle und Marketingideen. DocMorris selbst beispielsweise ist eine Vertriebskooperation mit dem im Bereich der niedergelassenen Ärzte aktiven Blatt Medical Tribune eingegangen. Die Zeitung legt jetzt zusätzlich einen Publikumstitel auf, der ab März einmal im Quartal herauskommen soll. Via Arzneimittelbestellung gelangt das Blatt direkt zu den DocMorris-Kunden. Außerdem wird es der Mutterzeitung Medical Tribune beigelegt. Startauflage: Immerhin 340.000 Exemplare. Einen echten Knaller mit dem Potenzial, die Arzneimittelversand-Szene ordentlich aufzumischen, landete der im Städtchen Bad Laer angesiedelte Versender Sanicare. Die Apotheke beliefert ab April Versicherte von zunächst 13 verschiedenen Krankenkassen, die ihren Versicherten auf der Krankenkassenhomepage einen Medikamenten-Shop anbieten. Das Online-Tool dazu liefert die Tübinger Firma Careon.de