Die Appendizitis ist eine der häufigsten akuten Erkrankungen bei Kindern. In den allermeisten Fällen endet die Entzündung als Notfall unter dem Skalpell. Eine neue Metaanalyse zeigt jedoch, dass viele Kinder möglicherweise auch mit einem strengen Antibiotikaregime therapiert werden könnten.
Der „Blinddarm“ ärgert etwa 1 von 13 Menschen in seinem Leben. Konsequenterweise wird bei akuter Appendizitis noch immer standardmäßig zum Skalpell gegriffen und der Unruhestifter am besten gleich ganz entfernt. Auch viele Kinder erleben diese Operation bereits in jungen Jahren. Ein britisch-kanadisches Forscherteam schlägt jedoch nun vor, Kinder nach Einzelfallprüfung mit Antibiotika zu behandeln. Dies ließe sich insbesondere dann als Alternative zur Operation durchführen, wenn es sich um eine unkomplizierte akute Appendizitis handelt. In die vorliegende Metaanalyse schlossen Roxani Georgiou und Kollegen insgesamt 10 Arbeiten des vergangenen Jahrzehnts ein. Von den 766 Kindern in diesen Studien wurden 413 allein mit Antibiotika behandelt.
Im Ergebnis zeigte sich, dass bis zu 97 Prozent der Kinder keine Operation mehr benötigten, wenn sie stattdessen Antibiotika erhalten hatten. Jedoch bekamen 14 Prozent dieser Kinder einen Rückfall mit erneut aufflammender Appendizitis. Insgesamt entwickelten 82 Prozent der mit Antibiotika behandelten Kinder in einem Zeitraum von acht Wochen bis zu vier Jahren keine erneute Appendizitis. Der offensichtliche Vorteil der Antibiotikatherapie bei Appendizitis besteht darin, Operationen zu vermeiden. Dennoch kann dieser Ansatz derzeit noch wenig überzeugen, wenn die Kinder später zu einem hohen Prozentsatz rückfällig werden und dann doch operiert werden müssen. In diesen Fällen bietet die Antibiotikabehandlung lediglich einen zeitlich nicht vorherbestimmbaren Aufschub. Angesichts der zunehmenden Resistenzproblematik und der nicht ganz unerheblichen Störungen des Darmmikrobioms ist ein solches Vorgehen zusätzlich zu hinterfragen. Darüber hinaus gibt es bisher keine Daten, die einen Antibiotika-Einsatz bei der komplizierten, akuten Appendizitis rechtfertigen würden. Hier bleibt in jedem Fall die Operation der Goldstandard der Behandlung.
Lediglich bei einer der zehn in die Metaanalyse eingegangenen Arbeiten handelte es sich um eine randomisierte Kontrollstudie. Die Autoren schlugen daher selbst vor, dass es dringend weiterer randomisierter, prospektiver, vergleichender Studien bedarf, um die Frage nach der Therapiealternative bei Appendizitis sicher beantworten zu können. Ferner bezogen sich alle Studien lediglich auf die unkomplizierte akute Appendizitis, weshalb die Ergebnisse nicht verallgemeinert werden dürfen. Ebenso raten die Autoren davon ab, alle Kinder mit Appendizitis alternativ mit Antibiotika zu behandeln. Dafür gebe es bisher noch keine validen Daten. Die akute Appendizitis, unkompliziert oder nicht, gehöre auch weiterhin in die Hände der Chirurgen und diese entscheiden schlussendlich darüber, ob operiert werden müsse oder ein alternativer Ansatz mittels Antibiotika versucht werden kann. Dies bleibt aber im Moment eine Einzelfallentscheidung. Dennoch sei die Antibiotikatherapie bei Appendizitis eine durchaus interessante Option, die diskutiert und vor allem weiter erforscht werden sollte, so die Studienautoren abschließend. Originalpublikation: Efficacy and Safety of Nonoperative Treatment for Acute Appendicitis: A Meta-analysis Georgiou R. et al.; Pediatrics, doi: 10.1542/peds.2016-3003; 2017