Veterinärmediziner behandelten im Rahmen einer aktuellen Studie weibliche Nashörner, die an gutartigen Tumoren in der Vagina oder Gebärmutter litten, mit dem Hormon Improvac. Dadurch gelang es ihnen, das Wachstum dieser Tumoren zu stoppen und deren Neubildung zu verhindern.
Bei weiblichen Panzernashörnern (Rhinceros unicornis) können sich Tumoren im Reproduktionstrakt bilden. Diese stellen einen der Hauptgründe für Probleme bei der Fortpflanzung dar. Solche Tumoren wurden auch schon bei Sumatra Nashörnern (Dicerorhinus sumatrensis) festgestellt. Es handelt sich dabei vor allem um gutartige Tumoren in der Vagina oder Gebärmutter (Leiomyome). Die Tumoren verursachen Schmerzen während der Paarung, führen zu Empfängnisproblemen und zu Fehl- oder Totgeburten.
Weil eine operative Entfernung großer Tumore wegen der immens dicken Haut beim Nashorn nicht möglich ist, wurde in der aktuellen Studie eine neue Behandlungsmethode getestet. Drei weibliche Panzernashörner (Rhinoceros unicornis) und vier südliche Breitmaulnashörner (Ceratotherium simum simum) aus internationalen Zoos wurden mit dem Impfstoff Improvac behandelt.
Es handelt sich dabei um ein Hormon, das dem körpereigenen Gonadoliberin ähnlich ist. Dieses Hormon regelt die Ausschüttung von Sexualhormonen aus der Hypophyse und somit die Aktivität des Eierstocks, wo letztlich der Eisprung ausgelöst wird. Als Reaktion auf die Impfung werden Antikörper produziert, die das körpereigene Gonadoliberin blockieren. Daraufhin werden von der Hypophyse keine Sexualhormone mehr ausgeschüttet. Der Sexualzyklus sowie die Fruchtbarkeit des Weibchens setzen dann aus. Dadurch wachsen die hormonabhängigen Tumore nicht weiter und können sich sogar ein Stück weit zurückbilden.
Die Eierstöcke der untersuchten Nashornweibchen waren vor der Impfung zwar aktiv, jedoch konnten die Tiere aufgrund starker Tumorbildung keinen Nachwuchs mehr bekommen. Bereits drei Monate nach der ersten Impfung stellten die Wissenschaftler in Ultraschalluntersuchungen fest, dass die Tumoren etwa um die Hälfte geschrumpft waren. Bis zu einem Jahr später wurden keine neuen Wucherungen mehr festgestellt. Das Tumorrisiko hängt davon ab, ob die Tiere schon einmal Nachwuchs bekommen haben. So schützen beispielsweise frühe Schwangerschaften die reproduktiven Organe vor der Tumorbildung. Wenn Tiere tatsächlich trächtig werden, stellen bereits vorhandene Tumoren ihr Wachstum ein.
Um zu verhindern, dass sich kleine Tumoren bei jungen Nashornweibchen ausbilden, sollte daher die frühe Fortpflanzung der Tiere gefördert werden. „Wenn es für sie durch äußere Umstände nicht möglich ist, Nachwuchs zu bekommen, etwa weil kein Partner zur Verfügung steht, könnte mithilfe einer Impfung der Tumorbildung vorgebeugt werden“, erklärt Reproduktionsmediziner Hermes. „Der Zyklus der Tiere wird damit ‚auf Eis‘ gelegt. Er kann später für eine Schwangerschaft wieder reaktiviert werden, ohne dass die Tiere ihre Fruchtbarkeit einbüßen oder Gefahr laufen, an Tumoren zu erkranken.“ Im Rahmen der Studie wurde die Impfung zum ersten Mal bei Wildtieren angewandt. Es ist daher noch nicht klar, ob die Wirkung der Impfung für die Nashörner vollständig reversibel ist.
Die gleiche Behandlung wurde bereits erfolgreich bei Pferden durchgeführt. Dort ist bekannt, dass sich bei den Stuten einige Zeit nach der Impfung der normale Zyklus einstellt und die Stuten wieder fruchtbar sind. „Wenn der Zyklus bei weiblichen Nashörnern mit Hilfe einer simplen Impfung ausgesetzt und danach die Fruchtbarkeit wieder hergestellt werden kann, stellt die Impfung einen großen veterinärmedizinischen Fortschritt dar“, so Hermes. Originalpublikation: Ovarian down regulation by GnRF vaccination decreases reproductive tract tumour size in female white and greater one-horned rhinoceroses Robert Hermes et al.; PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0157963; 2016