Die üblichen Cliquenbildungen an der Schule gehen auf der Uni nahtlos in die nächste Ebene über. Eigentlich ja auch etwas völlig Normales. Irgendwo muss ich mich ja schließlich hinstellen. Die Frage ist nur: zu wem? Welche Kriterien spielen bei der Kontaktaufnahme zu anderen Studenten an der Uni eine Rolle? Medizinstudent.de hat recherchiert!
Hast Du was, bist Du was?
Besonders unter den Medizinern scheint die Annäherung zu den künftigen Studienkollegen/Innen sehr sorgfältig geplant zu werden. Schließlich studiert man ja nicht irgend etwas! Nein nein, es sollte schon jemand mit einem guten Abi sein, mit dem ich auch in Zukunft meine Zeit auf dem Campus verbringen will. Eine Lerngruppe wäre natürlich auch nicht schlecht und Leute mit nem 3er-Abi nützen da nicht so wirklich viel, oder?! Und überhaupt: eigentlich sollten die zukünftigen Mitstreiter zumindest schon mal eine Rettungssani-Ausbildung oder ähnliches hinter sich haben, wenn nicht sogar aus einer Ärztefamilie stammen. Die frischen Abiturienten, wo Mama und Papa nicht mal Akademiker sind, die haben doch eh keinen Dunst von der Materie und wissen gar nicht, auf was sie sich da eingelassen haben. Die werden sich noch wundern, wenn sie das erste Mal einen Patienten sehen... Völliger Quatsch! Niemand der Erstsemestler weiß, was ihn hinsichtlich des Medizinstudiums wirklich erwartet! Alle fangen bei Null an. Der mit dem 3er-Abi ebenso wie die mit dem 1er-Abi. Ja ja, die Artikelsetzung vor dem Abiturienten stimmt schon: Frauen sind nun mal bessere Lerner als Männer. Nur mit der Umsetzung scheint es noch zu hapern...Aber Fakt ist nun mal, dass es tatsächlich Studenten gibt, die glauben wollen, dass Schulnoten oder eine etwaige Vorbildung Kriterien für eine gute Zusammenarbeit seien. Na ja, Glaube soll ja auch Berge versetzen können....
Kleider machen Leute?
Eine ebenso hirnrissige wie auch sehr verbreitete Eigenart vieler Kommilitonen/innen ist, dass man sich trotz gemeinsamer 4,5,6 oder gar mehr gemeinsamer Semester nicht grüßt! Hallo??? Sieben Monate im Jahr sieht man in die selben Gesichter: in Bus oder Straßenbahn, im Hörsaal, im Kurs, bei den Klausuren, auf`m Campus, in der Mensa....aber einmal "Guten Morgen" sagen oder einfach nur höflich Nicken wenn man sich ansieht, das bringen viele einfach nicht rüber. Warum nicht? Nur weil er/sie nicht mein Typ ist oder nicht den gleichen Geschmack bei den Klamotten hat? Aber über ihn oder sie aus dem gleichen Grund beim Kumpel oder Busenfreundin ablästern, dass ist natürlich viel einfacher. Eigentlich ganz schön dämlich! Hoffentlich klappts gegenüber den Patienten mal besser...
Gemeinsam einsam!
Noch beliebtere Themen zum Quatschen sind natürlich die Uni-Feten, die berühmten Mediziner-Partys und die Menge der konsumierten Bierchen am Vorabend. Am besten quatscht es sich natürlich während des Gelages selbst! Da ist die Zunge locker, die Hemmung fällt und im Kreise der Gleichgesinnten kann man dann so richtig schön ablästern. Hier kann ungezwungen über die Pappnase vom Patho-Kurs hergezogen werden, weil er die Einladung zum Mitsaufen ausschlug (und die Präparate schneller und besser mikroskopieren konnte als man selbst). Und außerdem kann man sich im benebelten Zustand so richtig schön gehen lassen und zeigen, was man für ein toller Hecht ist: an der Theke, auf der Tanzfläche und Stunden später auch auf dem Bürgersteig, mit dem Gesicht nach unten...Und am nächsten Tag: ach ja, die Pappnase war dann doch noch da, wie man sich so erzählt. Man sagt, er habe einen reichlich angetrunkenen Kommilitonen vom Bürgersteig aufgelesen und nach Hause gebracht...
Also, geht doch!
Seien wir mal ehrlich: wenn man doch eine so lange Zeit eine gemeinsame Ausbildung hinter sich bringen muss, ist es dann nicht viel einfacher, diesen Weg auch "gemeinsam" zu gehen? Was spielen denn verschiedene Ansichten, verschiedene Herkunft oder verschiedene Interessen schon für eine so wichtige Rolle, als das man sich deswegen nicht gegenseitig respektieren und einen pfleglichen Umgang miteinander annehmen könnte? Es ist doch viel schöner und angenehmer, bei Problemen und Fragen mehrere Anlaufstellen zu haben als nur die, die man sich aufgrund von Nebensächlichkeiten errichtet hat! Auch die Kommilitonin mit der nicht so tollen Figur und der dicken Hornbrille sowie der Kommilitone mit der etwas wirren Frisur und den schlacksigen Beinen wissen, warum sie dieses schwere und anspruchsvolle Studium auf sich genommen haben. Sie arbeiten genauso hart wie alle anderen, haben zumindest in Studienangelegenheiten das gleiche Ziel wie alle anderen und verdienen auch den gleichen Respekt wie alle anderen. Und darauf, genau darauf kann man wirklich mal zusammen einen trinken! Vielleicht auch als guten Vorsatz fürs neue Jahr...wäre schön!