Zum Jahreswechsel haben es die Berliner Kartenspieler tatsächlich geschafft, die Details für das elektronische Rezept festzuklopfen. Wie geht´s denn nun wirklich? Was ist, wenn das Netz hängt? Und die Telefonbestellungen? DocCheck antwortet - vorläufig versteht sich.
Was wurde nicht alles diskutiert, gefürchtet und prophezeit beim elektronischen Rezept. Alternativen zum Papier? Unmöglich! Schon der Gedanke: Ein Frevel. Halbwegs souverän waren in all den hitzigen Debatten noch die Apotheker, und vor allem die Apothekensoftware-Hersteller. Die haben auf der Medica gezeigt, dass die Neuprogrammierung der Software eine Sache von zwei Wochen sein kann. Jetzt wird die ganze Theorie für Apotheker (und Ärzte) tatsächlich zum Ernstfall.
Wie auf Drogen: Eine Entscheidung nach der anderen
Über den Jahreswechsel wurden gleich eine ganze Reihe von lange erwarteten Entscheidungen in Sachen elektronische Gesundheitskarte und elektronisches Rezept getroffen: Acht Modellregionen soll es nun geben, in Ingolstadt und Heilbronn, in Trier, Löbau/Zittau und Bochum/Essen, in Wolfsburg, Bremen und Flensburg. Es sind also alle dabei, die dabei sein wollten. Das schon etwas peinliche Buhlen der Regionen um die Gunst der Macht ist erstmal zu Ende. In Berlin wurde noch vor Weihnachten in den Räumen der Betriebsgesellschaft der Selbstverwaltung, Gematik, das Testlabor in Betrieb genommen, in dem die Chipkarten ihre ersten Trockenübungen absolvieren werden. Und unter der Fuchtel des Bundesgesundheitsministeriums wurde nun auch die Spezifikation für die elektronische Gesundheitskarte zumindest so weit fertig gestellt, daß mit den Praxistests begonnen werden kann. Der Deutschen Angestellten Krankenkasse gebührt die Ehre, als erste aktiv geworden zu sein. Die Kasse, die an mehreren Testregionen beteiligt ist, hat das erste Kontingent elektronischer Gesundheitskarten jetzt ausgeschrieben. Auch die Industrie darf also frohlocken. Das elektronische Rezept ist im Anmarsch, und mit ihm alles, was folgen soll.
Gesundheitskarte hinterlässt in der Arzt-EDV Spuren
Doch wird es funktionieren? Und wie? Der alte Streit um die Speicherung des Rezepts direkt auf der elektronischen Gesundheitskarte oder auf einem mehr oder weniger zentralen Rechner ("Server") wurde salomonisch durch ein "Sowohl-als-auch" gelöst. Beides soll also möglich sein, und das macht Sinn. Das Rezept kann in der Praxis-EDV des Arztes erstellt und auf der Patientenkarte gespeichert werden. Dafür ist keine Onlineverbindung erforderlich. Die Sache würde also auch funktionieren, wenn das Netz aus welchen Gründen auch immer nicht verfügbar ist. Der Patient geht mit seiner Karte in die Apotheke und gibt sie dem Apotheker. Der liest das Rezept aus. Eine Geheimnummer ist nicht nötig, weder in der Apotheke noch beim Arzt. Das ist die eine Variante. Die zweite Möglichkeit ist, dass der Arzt das Rezept nicht auf der Karte selbst speichert, sondern online. Die Karte des Patienten dient in diesem Szenario als eine Art Wegweiser, der dem Apotheker mitteilt, wo das betreffende Rezept gespeichert ist. Dieses Verfahren hat unter anderem für Privatpatienten Vorteile, die unter Umständen sehr viele Rezepte sammeln wollen, um sie en bloc an ihre Privatversicherung weiter zu leiten. Auch bei bestimmten privaten Krankenversicherungsverträgen, bei denen es eine Beitragsrückerstattung gibt, wenn ein gewisses Inanspruchnahmevolumen unterschritten wird, ist dieses Sammeln unbedingt nötig. Es wird am einfachsten online passieren, auf Portalen, die von den Privatversicherungen eingerichtet werden. Die Rezeptspeicherung online löst schließlich das Problem der telefonischen Rezeptbestellung in der Arztpraxis, und zwar folgendermaßen: Bei Patienten, die dem jeweiligen Arzt bekannt sind, lädt die Praxis-EDV von der elektronischen Gesundheitskarte beim ersten Besuch eine Art von elektronischen Wegweisern herunter und speichert diese. Ruft nun irgendwann dieser Patient beim Arzt an und möchte eine Rezeptverlängerung, dann erstellt der Arzt in seiner EDV das entsprechende Wiederholungsrezept. Er nutzt dazu die bei ihm deponierten "Wegweiser", um dieses Rezept an einer definierten Stelle im Netz online abzulegen. Alles, was der Patient dann tun muss, ist in die Apotheke zu laufen und seine elektronische Gesundheitskarte dort vorzulegen. Der Apotheker findet mit ihrer Hilfe das Rezept und der Kunde bekommt seine Pillen, ohne vorher persönlich bei seinem Arzt gewesen zu sein.
Auch die Arzneimitteldokumentation ist online
Das alles wird jetzt in den Modellregionen getestet und aller Voraussicht nach so oder ähnlich implementiert. Auch die zweite elektronische Baustelle, die für Apotheker interessant ist, die Arzneimitteldokumentation, ist konkreter geworden. Vorgesehen ist hier ein Onlineverfahren. Die Daten sind also nicht auf der Chipkarte. Unterschieden wird zwischen Selbstmedikation und verordneter Medikation. Der Versicherte soll das Recht bekommen, die gesamte Arzneimitteldokumentation unsichtbar zu machen. Er soll ferner Selbstmedikation und verordnete Medikation getrennt verbergen können, nicht aber einzelne Medikamente. Das "Verbergen" ist ausschließlich in Anwesenheit eines elektronischen Heilberufsausweises möglich, also in der Regel an einem Patiententerminal in der Arztpraxis oder in der Apotheke. Ansehen allerdings darf der Patient seine Daten auch von zuhause aus.