Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Nach Jahren der Verzögerungstaktik liegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss jetzt ein Antrag über die Zulassung der PET-Diagnostik im ambulanten Bereich vor. Damit geht ein zunehmend peinliches Polit-Ringen um Geld und Einfluss langsam seinem Ende entgegen.
Die Sache hatte groteske Züge. Sie wurde von vielen als paradigmatisch dafür angesehen, wie im deutschen Gesundheitswesen Innovationen verschleppt werden, um Geld zu sparen und Einflusssphären zu sichern. Doch jetzt deutet sich bei der PET- und PET/CT-Diagnostik ein Umschwung an: Seit Januar liegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein Antrag zur Erstattung von ambulanten PET-Untersuchungen vor. Das längst in der Routine eingesetzte Verfahren dürfte damit auch formal endlich dort ankommen, wo es hingehört.
Zumindest Lungenkrebspatienten müssen künftig nicht mehr selbst zahlen
Zur Erinnerung: Im Mai 2002 hatte der damalige Bundesausschuss einen Antrag auf Erstattung der PET-Diagnostik im vertragsärztlichen Bereich negativ beschieden. Allerdings ging es dabei nur um einige wenige, seltene Indikationen, darunter Gliome und Pankreaskarzinome. Die Beschränkung auf diese Orchideen erfolgte, weil die arzneimittelrechtliche Zulassung der PET damals nur für diese Indikationen vorlag. Das hat sich danach allerdings rasch geändert, sodass die PET-Diagnostik in den meisten westlichen Industrienationen Eingang in die onkologische Routine genommen hat, unter anderem beim Staging des Mammakarzinoms, beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom, bei Lymphomen und bei der Metastasensuche. Trotz dieser Ausgangslage wurde ein weiterer Antrag zur Erstattung der PET-Diagnostik im stationären Setting über rund drei Jahre verschleppt. Erst Ende 2005 konnte sich der Gemeinsame Bundesausschuss zu einem Positivvotum für eine Erstattung der PET-Diagnostik beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom durchringen, allerdings nur dann, wenn diese Diagnostik stationär erfolgt. Der Grund für diese Einschränkung ist einzig und allein die Tatsache, dass sich jahrelang niemand gefunden hatte, der einen Antrag auf Erstattung der ambulanten PET-Diagnostik beim Bundesausschuss eingereicht hätte. Die Kassen fürchteten eine Kostenexplosion bei einer unkontrollierten Mengenausweitung, die Kassenärzte ihre üblichen Verteilungskämpfe. Mehrere führende KV-Vertreter gaben abseits der Kameras zu Protokoll, dass sie keine Lust hätten, wegen PET ihren Job zu riskieren.
KBV springt über ihren Schatten und stellt endlich einen PET-Antrag
Erschwerend kam hinzu, dass sich die PET in der Zwischenzeit gewandelt hatte. Der medizinische Nutzen der alleinigen PET-Untersuchung wurde häufig wegen ihrer schlechten räumlichen Auflösung in Frage gestellt. Dieses Problem wurde aber durch die Kombination von PET- und CT-Scannern gelöst. "Die Idee war so überzeugend, daß mittlerweile weltweit 99 Prozent aller PET-Neuinstallationen PET/CT-Geräte sind", so Professor Wolfgang Mohnike, der in Berlin in ambulanter Praxis ein PET/CT-Gerät betreibt. Mohnike und viele seiner Kollegen können jetzt hoffen: Denn die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat nun endlich einen Antrag zur Erstattung der PET- und PET/CT-Diagnostik im ambulanten Bereich beim G-BA eingereicht, ohne damit freilich groß an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Mit dem Ja zur Erstattung im Krankenhaus gerieten die Kassenärzte unter Zugzwang. Denn onkologische Betreuung ist bekanntlich weit überwiegend ambulante Medizin und wird von den niedergelassenen Ärzten auch immer wieder und völlig zu Recht als solche reklamiert. Bemerkenswert ist, mit welcher Selbstverständlichkeit plötzlich über ein Thema gesprochen wird, an dem sich jahrelang niemand die Finger verbrennen wollte. Ein gutes Beispiel dafür liefert das jüngste Petersberger Gespräch zur Gesundheitsökonomie, bei dem der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Köhler, ein klares Bekenntnis zur ambulanten PET/CT-Untersuchung ablegte: "PET/CT bildet eine klare ambulante Leistung, daher möchte die Kassenärztliche Bundesvereinigung auch mit dem Antrag an den G-BA geklärt wissen, wie die Zukunft für die ambulante Diagnostik aussehen wird".
Dank PET muss bei Schwerkranken weniger operiert werden
Der Bayreuther Gesundheitsökonom Peter Oberender rechnete vor, dass eine stadiengerecht eingesetzte PET/CT beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom effektiv und effizient sein kann. Das am häufigsten angebrachte Beispiel ist die Optimierung des Stagings mittels PET/CT, wodurch in der PLUS-Studie (FDG-PET in lung cancer staging) die Zahl der Operationen, die sich im Nachhinein als überflüssig rausstellten, von 41 auf 21 Prozent halbiert werden konnte. Geredet wird hier wohlgemerkt von Thorakotomien. Auch Mediastinoskopien zur Beurteilung des Lymphknotenbefalls lassen sich einsparen. Der G-BA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess machte bei der Veranstaltung noch einmal nachdrücklich auf die Problematik der Mengenausweitung aufmerksam und mahnte Steuerungsregeln an. Denkbar seien hier auf G-BA-Ebene Vorgaben zur Umsetzung und zur Mindestqualität. Diskutiert wurde unter anderem eine Bewertung der Leitlinienorientierung sowie Mindestmengen. Präzise Konzepte konnten jedoch weder Hess noch BKK-Chef Wolfgang Schmeinck noch AOK-Chef Dr. Hans-Jürgen Ahrens liefern. Etwas konkretere Vorstellungen hatte Dr. Christoph Straub von der Techniker Krankenkasse. Er kann sich vorstellen, das Problem über Integrationsverträge und andere dezentrale Vertragsformen zu lösen. Sollte es dazu kommen, droht freilich eine Situation wie bei den beschichteten Stents. Deren Erstattung hängt im Moment dramatisch davon ab, bei welcher Kasse und in welcher Region ein GKV-Patient versichert ist. Das kann es nun auch wieder nicht sein.