Die meisten Ärzte sehen das Qualitätsmanagement als bestenfalls nötiges Übel. Doch QM kann auch ganz anders betrachtet werden: als Jobmaschine für Ärzte, die neue Herausforderungen suchen wollen oder müssen. DocCheck hat sich umgehört: Wie wird aus einem Arzt ein Auditor? Und warum eigentlich?
Zwar soll das Qualitätsmanagement für Arztpraxen demnächst vorgeschrieben werden. An eine Pflicht zur Zertifizierung ist dabei aber zunächst nicht gedacht. Trotzdem rechnen die meisten Anbieter von QM-Programmen damit, dass sich viele Ärzte nach einer Anfangs- und Schnupperphase letztlich dafür entscheiden, auch die für sie mit zusätzlichen Kosten verbundene Zertifizierung "mitzunehmen". Denn das Zertifikat ist schließlich das, was eine gewisse Außenwirkung verspricht, das, was der Arzt sich nach aller QM-Mühe im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand pinnen kann.
Gestatten: Die heilige Audition...
Wer ein Zertifikat möchte, bekommt bei praktisch allen QM-Programmen nach einer gewissen Zeitspanne Besuch von einer Person, die in der Regel Auditor, bei einigen Anbietern auch Visitor heißt. Das klingt zwar alles wie Inquisition, ist aber in der Regel ein entspanntes Ereignis, das sich über Stunden, bei einigen Anbietern auch mal über Tage hinziehen kann. Mit dem Praxisalltag interferiert es wenig. "Vor allem die QM-Ordner werden von einem Auditor gewälzt", sagt der QM-Experte Jörg Otte von der KV Westfalen-Lippe. Der Auditor begutachtet Protokolle und achtet auf eine regelmäßige Dokumentation. "Was ihn vor allem interessiert ist, ob das Qualitätsmanagement in einer Praxis wirklich gelebt wird", so Otte. Doch wer sind diese Auditoren eigentlich? Wer macht sie zu dem, was sie sind? Und warum tun sie das, was sie tun? Die ethnologische Recherche führt zunächst zur Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Dort erfahren wir, dass die Anforderungen, die an einen Auditor für QM-Programme in Arztpraxen gestellt werden, durchaus unterschiedlich sind und im Wesentlichen von jedem Anbieter selbst bestimmt werden.
Die eine Mindestvoraussetzung, die jeder Auditor im Bereich Praxis-QM haben muss, gibt es nicht. Trotzdem hat sich ein gewisser Standard herausgebildet, der von vielen Anbietern eingehalten wird, die sich dauerhaft etablieren möchten. Die Rede ist vom Curriculum Ärztliches Qualitätsmanagement der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich-Medizinischer Fachgesellschaften aus dem Jahr 2000. Es handelt sich um einen 200 Stunden-Marathon, der das Thema ärztliches Qualitätsmanagement von A bis Z durchkaut. Die Absolvierung dieses Programms steht in aller Regel am Beginn einer Auditorenkarriere. Ausnahmen gibt es aber: So akzeptiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung für ihr QM-Programm QEP auch andere QM-Schulungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Und auch wer bei der Konkurrenz schon den Status eines Auditors innehat, muss beim Wechsel zum KBV-System nicht bei Null anfangen.
Der Auditor: Vom Qualitätsmanagement beseelt
Was auf die Grundschulung folgt, ist dann von Anbieter zu Anbieter verschieden. Die KV Westfalen-Lippe beispielsweise verlangt von Auditoren bei ihrem QM-Programm KPQM entsprechende KPQM-Kenntnisse, die in einer knappen Abendveranstaltung erworben werden. Zusätzlich ist es erforderlich, regelmäßig als Auditor zum Einsatz zu kommen, also eine gewisse Routine zu entwickeln. Eine Schulung und dann fünf Jahre Pause geht nicht. Bei der KBV ist ein etwas intensiveres, zweitägiges QEP-Visitorentraining angesagt. KBV-Visitoren müssen außerdem an den regelmäßigen QEP-Treffen teilnehmen und ebenfalls eine Mindestzahl an Visiten pro Jahr erledigen. Wichtig ist allen Anbietern, dass beim Auditor eine gewisse Leidenschaft für das Thema vorliegt. Bei der KBV muss man seine Passion sogar schriftlich bekennen. In einer Selbstverpflichtungserklärung versichert der angehende Visitor, dass er den QM-Gedanken mit Leib und Seele vertritt.
Phantombild: Täterprofil unscharf
Es gibt schließlich auch noch gewisse Anforderungen an die berufliche Vergangenheit eines Auditors. Die KV Westfalen-Lippe ist da ziemlich strikt: Sie will Ärzte und psychologische Psychotherapeuten und sonst nichts. Selbst bei der Facharztausbildung ist man wählerisch. Flugmediziner beispielsweise werden sofort wieder in den Hangar geschickt, Arzt hin oder her. "Keine Erfahrung mit der Arbeit in einer Niedergelassenenpraxis", lautet die Begründung. Die in anderen Dingen strengere KBV ist in diesem Punkt etwas lockerer: Auch Arzthelferinnen, Krankenschwestern, MTAs oder andere Menschen, die seit Jahren nah am Thema Praxismanagement dran sind, werden akzeptiert. "Den typischen Auditor gibt es ohnehin nicht", ist Otte überzeugt. "Es gibt Menschen, die das als zweites Standbein für den Start einer beruflichen Karriere als Arzt nutzen", hat er beobachtet. Andere kommen in den letzten Berufsjahren zur Auditorrolle, weil sich die Praxis nicht mehr genug rechnet. "Und dann gibt es welche, die interessiert das richtig, denen macht das einfach Spaß, die wollen die Idee des Qualitätsmanagements weitertreiben", so Otte. Bedarf jedenfalls besteht: Einige hundert neue Auditoren werden wohl gebraucht, wenn das QM in Deutschlands Praxen flächendeckend Pflicht wird.